Die Breschnew-Ära – Rückkehr zum Stil von Stalin

Leonid Iljitsch Breschnew (1906 – 1982)

Der Sturz von Chruschtschow am 14. Oktober 1964 markierte eine Rückkehr zur alten Sowjetzeit. Breschnew war einer von denen, die es Chruschtschow verübelten, dass er Neuerungen angestrebt hatte.

Leonid Iljitsch Breschnew wurde am 19. Dezember 1906 in Kamenskoje (Ukraine, UdSSR) geboren.

Als Sohn eines Hüttenarbeiters wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Mit 15 Jahren begann er zu arbeiten. Durch Abendkurse verschaffte er sich eine technische Ausbildung in Bodennutzung, die er 1927 erfolgreich abschloss. Danach war er als Landvermesser und Experte für Bodenmelioration im Ural tätig. In Swerdlowsk wurde er zum stellvertretenden Leiter der Bodenverwaltung im Ural nominiert. Ein parallel dazu begonnenes Abendstudium beendete er 1935 als Diplom-Ingenieur. Ab 1931 war Breschnew Mitglied der KPdSU. Seine Parteikarriere begann 1938 mit der Nominierung zum Abteilungsleiter des Parteikomitees für das ukrainische Gebiet Djnepropetrowsk.

Die persönliche Bekanntschaft mit dem Ersten Parteisekretär der Ukraine, Nikita Chruschtschow, beschleunigte in den folgenden Jahren seinen politischen Aufstieg. In den Jahren 1941/42 war Breschnew im Militärdienst für die politische Verwaltung der sowjetischen Südfront zuständig. Danach stand er bis zum Kriegsende 1945 der Politischen Abteilung der 18. Armee vor. Während des Krieges stieg Breschnew vom Rang eines Obersten zu dem eines Generalsmajors auf. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs leitete er zunächst den Karpatischen Militärbezirk in Lwow. Als Erster Parteisekretär war er ab 1946 für den Wiederaufbau im Gebiet Saporoshje und Dnjepropetrowsk eingesetzt. 1950 trat Breschnew in den Obersten Sowjet ein.

Nach vorübergehender Mitarbeit im ZK der KPdSU, wurde er noch im selben Jahr zum Ersten Parteisekretär in der Moldauischen Sowjetrepublik nominiert. Eine kurzfristige Mitgliedschaft im ZK der KPdSU und die Leitung der Politischen Verwaltung der Flotte verlor Breschnew infolge von Stalins Tod 1953. Unter der Protektion von Nikita Chruschtschow gelang ihm jedoch der Wiedereinstieg in die Parteikarriere. Von 1960 bis 1964 fungierte Breschnew als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjet. Als Sekretär war er auch ab 1963 erneut im ZK der KPdSU vertreten. Der plötzliche Sturz Chruschtschows markierte am 14. Oktober 1964 den endgültigen Aufstieg seines Schützlings, der vermutlich selbst am Fall Chruschtschows mitgewirkt hatte.

Rückkehr zum Stalinismus

Breschnew machte nun die von seinem Vorgänger initiierten Parteireformen rückgängig. In Anlehnung an Stalin titulierte er sich ab 1966 wieder als Generalsekretär der KPdSU. In den folgenden Jahren besetzte Breschnew Schlüsselpositionen in Partei und Staat mit ihm getreuen Gefolgsleuten, die die Machtkonzentration in seiner Person absichern sollten. Im Innern schuf er durch die Verfolgung von Intellektuellen, insbesondere des Literatur-Nobelpreisträgers Aleksandr Solschenizyn, ein repressives Klima. Symptomatisch dafür war auch die partielle Rehabilitierung Stalins, die nun erfolgte. Aussenpolitisch setzte Breschnew einen wachsenden Einfluss der Sowjetunion auf die innere Entwicklung der Warschauer-Pakt-Staaten durch, der in der sowjetischen Militärintervention in der CSSR am 21. August 1968 seinen Höhepunkt fand.

Das Eingreifen wurde nachträglich durch die sogenannte „Breschnew-Doktrin“ gerechtfertigt, die für die Zeit des Kampfes gegen den westlichen Imperialismus eine eingeschränkte Souveränität der sozialistischen Staaten postulierte. Die eiserne Faust gegenüber den sozialistischen „Bruderländern“ fand jedoch in den Beziehungen zum Westen insofern keine Entsprechung, als hier Breschnew einen vorsichtigen Kurs der Verständigung einschlug. Dies ermöglichte etwa 1968 den Abschluss des Atomwaffen-Sperrvertrags mit den USA. 1969 nahm er in Helsinki die SALT-Verhandlungen mit den USA auf, die eine Begrenzung des Wettrüstens zum Ziel hatten. Ausdruck der behutsamen Öffnung gegenüber dem Westen waren 1971 das Zusammentreffen Breschnews mit Bundeskanzler Willy Brandt und sein Frankreich-Besuch.

Auch die Viermächte-Vereinbarung über Berlin vom September 1971 sowie die Unterstützung der innerdeutschen Abkommen von 1972 dokumentierten den Ausgleichswillen des sowjetischen Staatschefs. Schliesslich besiegelte Breschnews aufsehenerregender Besuch in der Bundesrepublik im Mai 1973 die aussenpolitische Wende der Sowjetunion. Einen Monat später unternahm er einen USA-Besuch. Daran schlossen sich in den folgenden Jahren zahlreiche Staatsreisen an, die Breschnew nach Europa und Asien führten. Im Nahen Osten verlor Breschnew allerdings 1977-1979 infolge der ägyptisch-israelischen Friedensvereinbarungen sichtbar an Terrain. 1977 setzte Breschnew eine neue Verfassung für die UdSSR durch, die erstmals die KPdSU offiziell als staatsführende Kraft legitimierte.

Breschnew behauptete seinen orthodoxen innenpolitischen Kurs, indem er den sowjetischen Staats- und Parteivorsitz auf sich vereinte. 1979 erlitten die Entspannungsbemühungen gegenüber dem Westen durch den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan einen empfindlichen Dämpfer. Die zweite Stufe der SALT-Verhandlungen gelangte daraufhin nicht mehr zur Ratifizierung. Die Militärintervention in Afghanistan führte nicht nur zu weltweiten Protesten und einem partiellen Boykott der Olympiade von 1980 in Moskau, sondern im Zuge des afghanischen Widerstands auch zum Aufstieg Osama bin Ladens, der seit den 1990er Jahren die westliche Welt durch terroristische Anschläge in Atem hält. Ein dritter Bonn-Besuch Breschnews führte im November 1981 keine Fortschritte in der Entspannungspolitik herbei.

Die prinzipiell unnachgiebige Haltung Breschnews in der Frage eines vom Westen geforderten Abbaus der sowjetischen Mittelstreckenraketen hatte vielmehr wenig später den Nachrüstungsbeschluss der NATO zur Folge. Unter von Versorgungslücken gekennzeichneten wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Innern, einer durch den Amtsantritt Ronald Reagans eingeleiteten Abkühlung der Beziehungen zur gegnerischen Supermacht und einem sichtbar angegriffenen Gesundheitszustand, nahm der sowjetische Staats- und Parteichef seine Funktionen dennoch bis zu seinem Tod wahr.

Leonid Iljitsch Breschnew starb am 10. November 1982 in Moskau.

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