Religionsunterricht in der Schule – Überlegungen und Ideen

Der Religionsunterricht in der Schule stellt für viele Lehrkräfte eine grosse Herausforderung dar. Da ist einerseits die Religionsvielfalt in der Klasse. Muslime, Buddhisten und Christen sitzen zusammen in den Schulbänken. Der Lehrer stellt fest, dass die Bindung zur Religion eine sehr unterschiedliche ist.

Oft sind Schüler mit christlichem, buddhistischem oder jüdischem Hintergrund viel religionsferner als muslimische Schüler.

Religionsferne kann aber auch gerade als Ansatz und Angelpunkt verwendet werden.

Wie kann Religionsunterricht gestaltet werden?

Viele Lehrer gestalten ihren Religionsunterricht aus diesem Grunde als ein Ethik- oder Philosophie-Unterricht. Was bedeutet: gut zu sein? Wie kann ich ein anständiger Mensch werden? Solche Fragen sind allgemein gestellt und grenzen keine Religion aus.

Wie ist Bibelunterricht möglich?

Aufgrund unserer Wurzeln im Christentum sollte es aber doch möglich sein, mit Schülern

Die Bibel gibt für den Ethikunterricht viele Möglichkeiten für Diskussionsstoff. Vor allem das Alte Testament enthält Fragen, welche für Muslime, Christen und Juden dieselben sind.

Die Frage nach dem Anfang

Für jeden von Interesse wird sein, wie alles begann. Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. (Mose, 1.1). Und Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagt Hermann Hesse (Stufen, Hermann Hesse). Der Anfang ist rätselhaft.

Anfang kann auch sein: eine Knospe am Baum, eine befruchtete Eizelle, das erste Wort eines Gesprächs.

Wissenschaftler sehen am Anfang den Urknall. Doch auch hier liegt ein grosses Rätsel vor. Was war denn vor dem Urknall? Was war bevor dieser winzige Energiepunkt im Urknall explodiert ist?

Orthodoxe Christen nennen ein Alter von ungefähr 10’000 Jahren für das Alter der Erde. Wie kann man dem im Religionsunterricht begegnen? Das obgenannte Alter bezieht sich auf die Bibel. Schon die Juden haben dies versucht auszurechen. Wissenschaftler dagegen berechnen ein Alter von 4.6 Milliarden von Jahren. Dies beruht auf Forschung und Experimenten und nicht auf Bibelstudium. Was ist nun richtig?

Die Bibel ist eine Zusammenstellung von Geschichten, eine Zusammenstellung von Menschen. Soll dies wirklich für eine fundierte Sicht auf die Sache hilfreich sein?

Den orthodoxen Christen und Juden gilt Wissenschaft nicht, die Bibel geht vor. Was aber soll nun den SchülerInnen darüber gesagt werden?

Die Frage nach Gott

Vorstellungen über Gott sind fast ein Muss für den Religionsunterricht. Zu beachten dabei ist aber, dass es Religionen gibt, die kein Bildnis machen dürfen von Gott.

Schülerinnen stellen sich Gott ganz verschieden vor: als

  • alten, grauhaarigen, weisen Mann
  • einen Geist, der alles durchdringt
  • unvorstellbar

Eine legale Frage scheint mir: Gibt es Gott? Diese Frage ist sicherlich eine krasse Sünde für orthodoxe Christen. Aber man kann sie stellen.

Wie wäre es mit der Fragestellung: Was ist der Unterschied, wenn Gott da ist oder wenn es Gott gar nicht gibt? Was wäre anders, wenn Gott nicht existieren würde? Ohne Gott, wären wir da verloren? Was gibt uns Gott, wenn es ihn gibt?

Michelangelos Darstellung von Gott, der dem Menschen die Hand reicht ist ein wunderbares Beispiel, um die Sache zu diskutieren.

Ob es Gott gibt oder nicht, ist nicht sinnvoll. Aber die Frage, ob ein Glaube an Gott mir Kraft gibt, das allein ist wichtig.

Gott zu beweisen ist müssig. Jeder Beweis führt zu sinnlosen Behauptungen.

Was sinnvoll ist: Wenn ich mich nach einem Gott orientiere, gibt mir das dann Kraft? Gibt mir das dann Zuversicht? Nur das zählt.

Die Frage nach dem Sündenfall

Adam und Eva dürfen nicht von der verbotenen Frucht essen. Die Strafe – nach Gott – ist, dass sie sterblich werden und – gemäss der Beschreibung der Frucht, zwischen Gut und Böse unterscheiden lernen. Wollen wir einfach in einem himmlischen Zustand leben, oder wollen wir herausfinden können, was gut und böse ist?

Insofern wäre die „teuflische Schlange“ nur ein Helfer dazu, dass wir mündig werden…

Die Frage nach dem guten Leben – nach dem richtigen Leben

Wie soll ich leben, dass es gut ist? Die Frage nach dem Gut-Sein beschäftigt auch jeden, auch alle diejenigen, die eben dies noch nicht schaffen.

Geschichte von Noah

Noah ist ein guter Mensch. Er wird von Gott ausgewählt zu überleben. Das mit all den Verwandten und all den Tieren, die er in seine Arche reinlässt.

Ein Biologe – wie ich – fragt sich: Wie kann es möglich sein, alle Lebewesen in seine Arche reinzupacken? Nicht möglich. Doch dann alles als Blödsinn abzutun, wäre vorschnell. Kann es denn nicht sein, dass die Geschichte um Noah eine Legende ist, die uns etwas erzählen will, ohne dass sie wirklich so sich abgespielt hat?

Geschichte von Hiob

Hiob ist ein guter Mensch. Der Teufel aber wettet mit Gott, dass auch er von Gott abfallen wird, wenn er nur alles verliert, wenn man ihn nur genügend straft.

Es lohnt sich, diese Geschichte zu lesen. Ob man das auch mit den Schülern machen kann?

Die Frage nach der Evolution

Extrem-orthodoxe Christen leugnen die Evolution. Was heisst das? Die Fossilien, welche das Evolutions-Geschehen nachzeichnen, gibt es nicht? Die gibt es! Wer das leugnen will, ist blind.

Einzig die Frage, warum sich die Lebewesen verändern, darüber kann man sich streiten.

Es gibt dumme Annahmen wie: Mutation gebe es nicht. Ungebildete Menschen können dies durchaus vertreten. Doch damit zeigen sie nur, wie ungebildet sie sind.

Mutation gibt es. Sie erfolgt spontan oder durch Agenzien wie Radioaktivität oder Chemikalien.

Die meisten Mutationen sind neutral oder negativ. Keime sterben ab oder bleiben einfach gleich.

Mutationen mit positiver Wirkung, mit einer neuen Eigenschaft, sind sehr selten. Wie aber könnten sie den Verlauf der Entwicklungsgeschichte beeinflussen?

Die Frage nach Gut und Böse

Film: Das Leben der Anderen

Vorstellungen über Gott sind fast ein Muss für den Religionsunterricht. Zu beachten dabei ist aber, dass es Religionen gibt, die kein Bildnis machen dürfen von Gott…