Boris Jelzin – verkaufte die Industrie an die Oligarchen

Jelzin

Boris Nikolajewitsch Jelzin wurde am 1. Februar 1931 in Butka (Ural, Russland) als Sohn einer Bauernfamilie geboren.

Er wuchs in den ärmlichsten Verhältnissen auf, die die Familie auf der Suche nach Arbeit zur Landflucht veranlassten. Nach der Schule nahm Jelzin 1949 ein Studium am Polytechnischen Institut in Swerdlowsk auf, das er 1955 als Bauingenieur abschloss. 1956 heiratete er die Bauingenieurin Anastasia Iossifowna Girina. Gemeinsam wurden sie Eltern von zwei Töchtern. Während der anschließenden beruflichen Tätigkeit stieg er in der öffentlichen Bauverwaltung zum Chefingenieur auf. Als solcher leitete er ab 1963 das Wohnungsbaukombinat in Swerdlowsk. Obwohl Jelzin bereits 1961 in die KPdSU eintrat, setzte seine politische Karriere in der Partei erst 1968 ein, als er zum Abteilungsleiter des Parteikomitees des Swerdlowsker Gebietes ernannt wurde.

Im Jahr 1975 stieg er dort zum Sekretär, im Jahr darauf zum Ersten Sekretär auf. 1978 zog er als Abgeordneter in den Unionssowjet des Obersten Sowjet ein. 1981 folgte seine Aufnahme in das Zentralkomitee (ZK) der KPdSU. Jelzin war von 1979 bis 1984 in der sowjetischen Kommission für Transport, Post und Fernmeldewesen tätig. Ab 1984 sass er im Präsidium des Obersten Sowjet der Sowjetunion. Der neue Generalsekretär Michail Gorbatschow berief ihn 1985 an die Spitze der ZK-Abteilung für Bauwesen in Moskau. In der sowjetischen Hauptstadt stieg Jelzin bald zum Parteichef und gefürchteten Funktionär auf, der gegen die Günstlingswirtschaft der Parteielite Front machte. Noch radikaler als Gorbatschow forderte Jelzin die Reform der KPdSU und den Abbau jeglicher Funktionärsprivilegien. Mit Ungeduld mahnte er zu einer rascheren Umsetzung des neuen politischen Kurses von „Glasnost“ und „Perestrojka“. Differenzen mit der Moskauer Parteiführung führten im November 1987 zum Rücktritt Jelzins.

Damit war das politische Engagement des streitbaren Reformers aber nicht erschöpft. Er setzte sich weiterhin für eine Beschleunigung der Reformen ein und wurde 1989 als Abgeordneter eines Moskauer Wahlkreises in den Kongress der Volksdeputierten gewählt. Im Mai 1989 zog Jelzin in den Obersten Sowjet ein, wo er sich zum heftigsten Kritiker Gorbatschows entwickelte, den er wegen der Übernahme zahlreicher Machtfunktionen angriff. Noch im selben Jahr, 1989, traf Jelzin auf einer Vortragsreise durch die USA mit Präsident George Bush zusammen. Nach Jelzins Wahl von 1990 in den Volksdeputiertenkongress der Russischen Föderativen Sowjetrepublik wurde er zum Präsidenten des Kongresses und damit auch der Republik nominiert. Kurz darauf legte er seine KPdSU-Mitgliedschaft nieder, die sich mit seiner parteiübergreifenden Funktion kaum vertrug.

Präsident der Russischen Föderation

Nun fand er Gelegenheit, endlich die lange beanstandeten Vorrechte für Führungsfunktionäre der Partei völlig aufzuheben. Am 12. Juni 1991 wurde Jelzin in den ersten direkten Volkswahlen zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt. Zwei Monate später profilierte sich der neue Präsident im erfolgreichen Widerstand gegen den Putschversuch orthodox-kommunistischer Kräfte, die Michail Gorbatschow auf der Krim gefangengenommen hatten. Seine Haltung während des Putsches stärkte die politische Position Jelzins nachhaltig, vor allem gegenüber Gorbatschow. Ende 1991 trat im Zuge der Auflösung der Sowjetunion, die durch die Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) besiegelt wurde, die Russische Föderation unter Jelzins Führung deren diplomatische Nachfolge an. Der Präsident traf 1992 mit Präsident George H. W. Bush in Washington zu Abrüstungsvereinbarungen zusammen.

Die Präsidentschaft Jelzins war von schweren ökonomischen Problemen gekennzeichnet, die von der marktwirtschaftlichen Öffnung des ehemals sowjetischen Wirtschaftsraumes herrührten. Auch wurden innerhalb der Russischen Föderation verstärkt ethnische und nationale Differenzierungen spürbar, die sich in verschiedenen Regionen wie Moldova, Georgien und Berg-Karabach in blutigen Kämpfen entluden, an denen sich russische Truppen offen beteiligten. Jelzin eignete sich bald die einst bei Gorbatschow kritisierte Machtkonzentration selbst an. Der Präsident der Russischen Föderation riss vorübergehend Ende 1991 das Amt des Regierungschefs und im Frühjahr 1992 auch das Verteidigungsministerium an sich. Dagegen setzte der Volksdeputiertenkongress im Dezember 1992 durch, dass der Präsident bei der Bestellung des Regierungschefs dem Kongress eine Kandidatenliste vorlegen sollte.

Der zuvor von Jelzin nominierte Jegor Gaidar erhielt nun eine Ablehnung, weshalb der Präsident Wiktor Tschernomyrdin zum neuen Regierungschef nominierte. Zugleich versuchte Jelzin zum Ausgleich für die eingebüßte Macht, die Massenmedien seiner Kontrolle einzuverleiben. 1993 geriet der russische Präsident in einen permanenten Konflikt mit dem Parlament, der durch Jelzins Pläne einer Verfassungsreform ausgelöst wurde und in der verfassungswidrigen Auflösung des Volksdeputiertenkongresses und des Obersten Sowjet am 21. September seinen Höhepunkt erreichte. Die eigenmächtige Handlungsweise Jelzins zog seine Absetzung durch den Obersten Sowjet nach sich, auf die er wiederum mit der militärischen Belagerung des Parlamentsgebäudes antwortete. Anfang Oktober 1993 eskalierte der Konflikt in offenen Kämpfen, bei denen die aufständischen Parlamentarier das Fernsehzentrum und andere öffentliche Behörden in Moskau unter ihre Kontrolle brachten. Schließlich beendeten zu Jelzin loyale Truppenteile den Aufstand.

Die anschließenden Neuwahlen vom Dezember 1993, die mit einem Verfassungsreferendum kombiniert wurden, erbrachten zwar eine Zustimmung zu Jelzins Verfassungsentwurf, für seine Gegner und die Reformbremser jedoch auch eine neue Mehrheit im Parlament. Noch vor Jahreswechsel besuchte der russische Präsident die NATO in Belgien. 1994 kündigte Jelzin bei einem Russland-Besuch des US-Präsidenten Bill Clinton die Fortsetzung des Reformkurses an. Der russische Präsident intervenierte auch im Bosnien-Konflikt, wo er zwischen NATO und bosnischen Serben vermitteln konnte. Im Innern wurde seine Amtszeit weiterhin von einem unaufhaltsamen wirtschaftlichen Zerfall geprägt. Die Krise war nicht zuletzt reformfeindlichen Kräften im Parlament und in den Behörden geschuldet, die auf überkommenen Strukturen von Klientelismus und Machtanmassungen beharrten. Trotz dieser Schwierigkeiten erreichte der russische Präsident 1996 seine Wiederwahl.

Am 31. Dezember 1999 erklärte Jelzin seinen Rücktritt und übergab die Regierungsgeschäfte an den Ministerpräsidenten Wladimir Putin. 2000 wurde Putin im Präsidentschaftsamt bestätigt. Jelzin hinterließ Russland am Rande eines Bankrotts, mit zerrütteten staatlichen Strukturen und einer verarmter Bevölkerung. Gesundheitlich war Jelzin bereits zu seiner Zeit als russischer Präsident stark angeschlagen. Mehrere Herzinfarkte hatten bereits in den 1990ern Bypassoperationen notwendig gemacht.

Boris Nikolajewitsch Jelzin starb am 23. April 2007 im Moskauer Kremlkrankenhaus an den Folgen einer Herzinsuffizienz.

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