Putin auf dem Weg zurück zur alten Sowjetmacht

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ging der Westen zu dreist vor. Sie betrachteten Russland als ihr Einflussgebiet und achteten nicht auf die «russische Seele», welche dadurch in ihrem Nationalstolz gekränkt und erniedrigt wurde.

Obwohl die Nato den Russen versprach, dass sie ihren Einflussbereich nicht bis zur Grenze zu Russland ausdehnen werde, nahm sie Länder wie die Baltischen Staaten, Estland, Lettland und Litauen, auf, so auch Polen, Ungarn und Tschechien.

1999 wird Putin von Jelzin zum Ministerpräsidenten ernannt, ein Jahr später (2000) zum Präsidenten gewählt.

1999 begann auch der zweite Tschetschenienkrieg, welcher mit grosser Härte und Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten geführt wurde.

Sergej Lawrow wird zu Putins Chef-Strategen

Um seine Ziele, Russland wieder zu einer respektablen Weltmacht zu machen, ernennt Putin 2004 einen Chef-Strategen: Sergej Lawrow. Seit diesem Jahr ist Lawrow ununterbrochen Aussenminister Russlands und daher sehr erfahren.

Putin an der Sicherheitskonferenz in MünchenAuf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 drückt er seine Wut aus. Die Nato habe sich nicht an ihre Versprechen gehalten. In seiner Rede hört man, wie ein neuer Kalter Krieg angekündigt wird. Er wirft der USA das Streben nach der Weltherrschaft vor.

Putin denkt und plant in grossen Zeiträumen. Schrittweise holt er sich die Macht über die Nachbarländer wieder zurück und erweitert seine Einflusssphäre auch im Mittleren Osten, im Mittelmeerraum und in Afrika.

Putins Strategie und die konkreten Schritte

  • Georgien-Krise 2008
  • Ukraine-Krise 2014 (Krim und Donbas)
  • Syrien-Krieg 2015
  • Libyen-Krieg 2017
  • Russland-Afrika-Gipfel 2019
  • Krieg in Berg-Karabach 2020
  • Krieg gegen die Ukraine 2022

Die Georgien-Krise – Der Kaukasus-Krieg 2008

Als in Georgien in der sogenannten Rosenrevolution Michail Sarkaschwilli an die Macht kam und von den USA die Unterstützung zugesichert bekam, kam es in den Grenzregionen Abchasien und Süd-Ossetien zu Unruhen.

Russland hatte bereits Truppen in das Gebiet verlegt und Schritte zur Annexion vorbereitet. Die Kampfhandlungen zwischen der georgischen Armee und südossetischen Milizverbänden begannen bereits im Juli 2008. In der Nacht zum 8. August wollten georgische Einheiten in einer Offensive die Kontrolle über die ganze Region zurückgewinnen. Darauf griffen russische Truppen aus dem Nordkaukasus ein und rückten bis ins georgische Kernland vor. Es gab etwa 850 Tote und Georgien verlor rund 20% ihres Staatsgebietes.

Die Krim-Krise 2014

Die Ukraine stand 2014 kurz vor einem Assoziierungs-Abkommen mit der EU und der Nato. Janukowytsch lehnte unter dem Druck Moskaus den Vertrag ab. Danach empörte sich das ukrainische Volk in der Maidan-Revolution.

Die russischen Machthaber sahen sich bedroht, zumal der russische Militärstützpunkt Sewastopol auf der Krim dadurch plötzlich zu einem US-Stützpunkt werden könnte. Putin vor seinen Mitarbeitern: «Wir müssen beginnen, die Krim zurück zu Russland zu holen».

Putin und Nachtwölfe

Es folgte die Annexion der Krim durch eine verdeckte Intervention der Streitkräfte der Russischen Föderation. Die russischen Soldaten trugen keine Hoheitsabzeichen. 

In einer nachträglichen Abstimmung (Referendum) wurde die Krim russisches Staatsgebiet.

Mit einem Tross der Russischen Nachtwölfe, einem Biker-Club, fährt Putin triumphal in der Krim ein.

Die Krise in der Ost-Ukraine 2014 – provoziert durch Russen

Seit dem Beginn der Maidan-Proteste hat Russland begonnen, in der Ukraine und vor allem im Süden und im Osten mit Falschmeldungen Unruhen zu provozieren. Mit Hilfe einer wiederum verdeckten Intervention von russischen Soldaten wurden die ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk im Donezbecken oder kurz einfach Donbas von prorussischen Separatisten besetzt. Sie riefen dort die Volksrepubliken Lugansk und Donezk aus.

Syrien-Krieg 2015 – Putin hilft dem Diktator

Durch das Zögern und die fehlende Einheit und Entschlusskraft des Westens, vor allem der USA, entstand in Syrien eine Art Pattsituation. Der Krieg dauerte bereits vier Jahre lang, der IS hatte sich an vielen strategischen Orten eingenistet, die Freie Syrische Armee kämpfte gegen Assads Truppen und die Kurden hatten den Nordosten besetzt. Gleichzeitig hielten die Türken den Norden besetzt und noch viele andere militärische Gruppierungen kämpften um die Oberhand.

Dieses Chaos und Machtvakuum nutzte Putin aus. Er liess sich die Erlaubnis vom Parlament geben, gegen den Terrorismus in Syrien militärisch vorzugehen. Der arabische Frühling bereitete ihm Sorgen, vor allem auch, weil er dahinter den Westen und die USA sah. Das eigentliche Ziel der Intervention Putins in Syrien ist, sich militärische Stützpunkte im Mittelmeer zu sichern.

Prigoschin und die Wagner-Söldner

Die russische Armee kämpft nur aus der Luft. Tote Soldaten wären für Putin wenig förderlich. Am Boden kämpfen Söldnertruppen der Wagner-Gruppe von seinem Vertrauten Prigoschin «Putins Koch».

Jewgeni Prigoschin ist eine rätselhafte Persönlichkeit, welche nie Interviews gibt. In den 70-er Jahren sass er wegen Raub und Menschenhandel lange im Gefängnis. In Petersburg eröffnete er ein Restaurant, in dem Putin mit dem damaligen Präsidenten Jaques Chirac gegessen hat. Putin kannte Prigoschin von früher, als er eine Kommission zur Regulierung des Glücksspiels leitete. Man vermutet, dass Prigoschin auch im Kasino-Business aktiv war.

Die Wagner-Söldner gehören offiziell nicht zu Russland, können also frei agieren und Putin ist für sie nicht verantwortlich. Zudem werden sie durch syrisches Erdöl finanziert und belasten Russland nicht.

In nur zwei Jahren schaffte es Putin, dem Assad-Regime in Syrien militärisch wieder die Oberhand zurückzugeben. 1916 lässt er in Palmyra, das vom IS befreit ist, ein Konzert aufführen.

Der Mittelmeer-Hafen Tartus und der Luftwaffen-Stützpunkt Hmeimim will Putin dauerhaft halten.

Jetzt spricht der Westen wieder mit ihm und bezieht ihn in Verhandlungen wieder mit ein. Er hat wieder eine internationale Stellung und pflegt gute Kontakte mit Rohany, Erdogan, Mohammed Bin Salman und Netanjahu.

Libyen 2017 – Putin stellt sich gegen die Welt

Durch die Entmachtung und Vernichtung von Gaddafi durch das internationale Bombardement Lybiens verwandelte sich das ehemals reiche Land in ein Bürgerkriegsland, das im Chaos versank. Wiederum greift Putin militärisch in Libyen ein, indem er den mächtigen Marschall Hafta unterstützt. Wiederum steht er Erdogan gegenüber, der die international anerkannte Region um Tripolis unterstützt.

2017 wird Hafta auf einen Flugzeugträger mit allen militärischen Ehren empfangen.

Als Marschall Hafta 2018 nach Moskau eingeladen wird, ist wieder Prigoschin dabei, ein Hinweis darauf, dass auch hier seine Logistik und Söldner gefragt sind. Hafta kann mit Erdöl, dem Zugang zum Mittelmeer und mit zukünftigen Verträgen dienen. Rund 2’000 Wagner-Söldner erreichen Libyen. Putin: «Wir haben keine Soldaten nach Libyen geschickt.» Das ist das perfide an diesen rechtlosen Wagner-Söldnern, sie gehören keinem Staat an und niemand kann für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Letztendlich geht es in Libyen um die Aufteilung des libyschen Öls. Auf dem Rücken des «bösen Westens» kann Putin mit Erdogan, der Zar mit dem Sultan den Kuchen unter sich aufteilen. Und was praktisch ist: Für sie beide ist weder Demokratie noch die Einhaltung der Menschenrechte erstrebenswert.

Der Vorstoss nach Afrika 2019 – Putin gewinnt mit Waffen

Beim Russland-Afrika-Gipfel in Sochi folgen der Einladung Putins 40 Staatschefs aus Afrika. Ziel ist ein sehr lukrativer Deal: Waffen und Sicherheit gegen Stimmen in der UNO und Schürfrechte für russische Unternehmen.

In der Zentralafrikanischen Republik kann Russland einen vollen Erfolg feiern. Der Präsident Touadéra erhält Schutz, Waffen und Hilfe für die Wahlen, Prigoschin erhält für seine Unternehmen Schürfrechte für Gold und Diamanten, auch Blutdiamanten aus Rebellengebieten. Putin gewinnt an Macht und Einfluss, ohne dafür etwas zu bezahlen.

Insgesamt schliessen 30 afrikanische Staaten Verträge über militärische Zusammenarbeit mit Russland ab. Putin ist ein einfacherer Partner, er verlangt nicht die Einhaltung von Menschenrechten, sondern nur Loyalität und den Zugang zu den Minen.

Mit dem Vorstoss in Afrika provoziert Russland sicher auch bewusst und mit einem gewissen Vergnügen, dass damit die ehemalige Kolonialmacht Frankreich übergangen wird, ihre strategischen Interessen verletzt werden. So im Februar 2022 auch in Mali.

Als in der Zentralafrikanischen Republik 2018 drei russische Journalisten ermordet werden, weist Russland jede Schuld oder Beteiligung zurück. Putin spricht von «unvorsichtigen Journalisten, welche sich sogar als Touristen tarnten» und Opfer von Strassenräubern geworden seien. Tatsache ist, dass die drei Russen in einen professionell geplanten Hinterhalt gerieten.

Krieg im Kaukasus 2022 – Berg-Karabach geht an Aserbaidschan

Und wieder flammt der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan auf und wird zum Krieg. Russland aber schlägt sich nicht auf die Seite des traditionellen Verbündeten Armenien, sondern hilft dem ölreichen Aserbaidschan. 5000 Menschen sterben. Armenien verliert das Gebiet Berg-Karabach, wo die russische Armee einmarschiert.

Der wichtigste Effekt: der Kaukasus bleibt russischer Einflussbereich. Russland wird bei diesem Krieg zum Friedensrichter, der nur seine eigenen Interessen verfolgt.

Mit diesem Schachzug konnte Putin den Einfluss Erdogans Einfluss im Kaukasus zurückdrängen. Auf der Waffenstillstandskonferenz im Januar 2021 stehen sich der armenische Nikol Paschinjan und der Präsident von Aserbaidschan Ilham Älijew feindlich gegenüber. Putin zwingt ihnen den Frieden auf. Erdogan ist nicht einmal eingeladen.

Truppenaufmarsch in der Ost-Ukraine 2021/22

Im November 2021 verlegt Russland (wieder) Truppen in das ukrainische Grenzgebiet. Aber Moskau weist jede Angriffspläne zurück. Im Gegenteil wirft der Kreml der Ukraine und der Nato „Provokationen“ vor. Putin verlangt schriftliche Sicherheitsgarantien, darunter den Verzicht auf eine Nato-Osterweiterung und auf US-Militärstützpunkte in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre.

Alle diplomatischen Bemühungen Europas und der USA bringen keine Entspannung.

Die USA warnen wiederholt davor, dass Russland noch im Februar in die Ukraine einmarschieren könnte. Sie ziehen alle Botschaftsangehörigen aus Mins ab. Für zusätzliche Befürchtungen sorgen russische Militärmanöver im schwarzen Meer und in Belarus.

Während Russland immer wieder einen Truppenabzug in Aussicht stellt, macht es das Gegenteil und stockt die Truppen bis zu einer Stärke von 150’000 Mann auf.

Die Kämpfe in der Ostukraine sind wieder stärker aufgeflammt. Am 18. Februar 2022 kündigen prorussische Separatisten an, Bewohner der Ostukraine nach Russland zu evakuieren. Zudem ordnen sie eine Mobilmachung aller wehrfähigen Männer in den Separatistengebieten an.

Am 21. Februar 2022 schafft Putin neue Fakten: Er erkennt die von der Ukraine abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk als unabhängig an. Ausserdem ordnet er die Entsendung von Truppen in diese ukrainischen Gebiete an. Putin hatte zuvor das Minsker Abkommen für gescheitert erklärt. Damit ist eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der Westen droht mit harten Sanktionen, setzt diese teilweise auch um.

Der russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine beginnt

Am 24. Februar 2022 gibt Putin den Befehl, die Ukraine anzugreifen. Sein Ziel ist klar, seine Begründungen sind komplett falsch und absurd:

  • Bekämpfung der „faschistischen Regierung“ in der Ukraine
  • Einen Völkermord an den Russen in der Ost-Ukraine zu verhindern
  • Beantwortung der ukrainischen Aggression

Es geht Putin darum, die Ukraine wieder komplett unter russische Kontrolle zu bringen und die demokratische Regierung in Kiew zu stürzen.

 

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