Johann Gregor Mendel (1822 – 1884) – Begründer der Vererbungslehre

Johann Gregor Mendel 1862Ein Augustinerpater begründet die statistische Genetik

* 22. Juli 1822 in Heinzendorf (Mähren; Österreich)
† 6. Januar 1884 in Brünn (Österreich)

1865 hielt der Augustinerpater Johann Gregor Mendel (1822-84) in Brünn (Brno, heutiges Tschechien), zwei Vorträge mit dem unscheinbaren Titel “Versuche über Pflanzen-Hybriden” (Kreuzungsexperimente mit Pflanzen). Sein Publikum war wohlwollend aber verständnislos. Im Jahre darauf (1866) erschien die Abhandlung gedruckt in den “Verhandlungen des Naturforschenden Vereins in Brünn für das Jahr 1865”. Obwohl diese Zeitschrift in 120 Universitätsbibliotheken und Naturforschervereinigungen gelangte und Mendel selbst noch 40 Sonderdrucke seiner Abhandlung an ihm bekannte Fachleute versandte, realisierte niemand, dass damit ein heute noch gültiges Konzept von genetischen Informationseinheiten (Mendel nannte sie “Faktoren”, heute nennt man sie Erbanlagen oder Gene) entdeckt worden war.

Johann Mendels hervorragende Begabung und Wissbegier kam bereits während seiner Schulzeit zur Geltung. 1822 wurde Johann Mendel als einziger Sohn des Kleinbauern Anton Mendel und seiner Frau Rosine, geborene Schwirtlich, in Heinzendorf (Hyncice, nordöstliches Mähren) geboren. Johann hatte noch eine ältere und eine jüngere Schwester. Obwohl die Eltern seine Ausbildung kaum finanzieren konnten, absolvierte er sechs Jahre des Gymnasiums in Troppau. Dort musste er während der letzten zwei Schuljahre ganz auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern verzichten und allein für seinen Unterhalt sorgen. 1840 bereitete er sich in Olmütz unter schwierigsten finanziellen Bedingungen auf das Studium vor. Dank einem Verzicht seiner jüngeren Schwester auf ihr Erbe konnte Johann 1843 seine Vorbereitungen mit sehr guten und ausgezeichneten Noten abschliessen.

Die Anstrengungen und Nöte seiner bisherigen Schulzeit waren aber derart gross gewesen, dass er mit einer Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Dr. Friedrich Franz, die Aufnahme in das Augustinerkloster St. Martin in Altbrünn verlangte und 1843 erhielt. Mit diesem Schritt, der wohl kaum religiös begründet war, konnte er seine in finanziellen Nöten befindlichen Eltern völlig entlasten und gleichzeitig ohne ständige Nahrungssorgen seinen wissenschaftlichen Interessen nachgehen. Bei der Aufnahme als Novize bekam Johann Mendel den Klosternamen Gregorius (Gregor).

1844-48 studierte Mendel an der Brünner Theologischen Lehranstalt. Bereits vor dem Abschluss seines Theologiestudiums wurde er 1847 zum Priester geweiht. Die Mehrheit des runden Dutzends Patres im Augustiner-Stift war wissenschaftlich, künstlerisch und pädagogisch tätig und wirkte zum Teil ausserhalb Brünns. Auch Mendel wurde vorerst eine Stelle als Hilfslehrer am Gymnasium verschafft. Nach einer misslungenen Lehramtsprüfung ermöglichte ihm der Abt seines Klosters, von 1851 bis 1853 an der Universität Wien ein Studium in den Naturwissenschaften zu beginnen. Mendel beschäftigte sich mit “Demonstrativer Experimental-Physik” bei Professor Christian Doppler (bekannt durch den Doppler-Effekt, den dieser entdeckte und erklärte), Zoologie, Botanik, Paläontologie, Chemie, Mathematik sowie Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Physik blieb aber Mendels bevorzugtes Studienfach.

1853 kehrte Mendel zurück nach Brünn, wo er 1854 trotz fehlender Lehramtsprüfung an der Brünner Staats-Realschule als Hilfslehrer eingesetzt wurde. Merkwürdigerweise ist Mendel 1856 auch noch ein zweites mal in Wien durch das Lehrerexamen gefallen, hat also nie ein ordentliches Lehrerpatent erworben. Trotzdem hat er als milder, von allen geschätzter und sehr beliebter Lehrer an der Brünner Staats-Realschule gewirkt und – wie er selber berichtet – dort “sicherlich die glücklichsten 14 Jahre seines Lebens” verbracht. Mit der Wahl zum Prälaten (Abt) des Klosters musste er diese ihm teure Lehrtätigkeit aufgeben.

Bereits 1854 begann Mendel im Klostergarten mit der Auswahl geeigneter Sorten der Gartenerbse (Pisum sativum) für Kreuzungsexperimente. Bei seinen Versuchen betrachtete er Merkmale der Erbsenpflanzen oder -samen, die sich klar unterscheiden liessen, beispielsweise rotblühende und weissblühende, Erbsen mit gelben oder mit grünen Samen. Die Kreuzungen führte Mendel durch, indem er Pollen von Erbsen der einen Rasse auf die Narben von Erbsen der anderen Rasse brachte. Diese Kreuzungstechnik war nicht neu. Neu war bei seinen Experimenten, dass er grosse Anzahlen von Pflänzchen untersuchte (aus 355 künstlichen Befruchtungen zog er 12980 Bastardpflanzen) und so gesicherte Resultate von der regelhaften Aufspaltung der Merkmalsanlagen vorweisen konnte. Neu und genial war auch seine Interpretation.

Da man zu Mendels Zeit den Zusammenhang zwischen der Vererbung und den Chromosomen (bzw. der DNS oder dem Erbgut) noch nicht kannte, wurden wohl seine bahnbrechenden Ergebnisse von anderen Forschern vorerst gar nicht beachtet.

Erst im Jahre 1900, 16 Jahre nach seinem Tod, wurde Mendels Errungenschaft von Biologen unabhängig voneinander wiederentdeckt, bestätigt und dann allgemein bekannt gemacht. Rückblickend muss vermutet werden, dass Mendel seine Versuche nicht so durchgeführt hat, wie er es in seiner Abhandlung 1865 beschrieb. Die Experimente wären zu aufwändig gewesen. Darüber hinaus verleiten seine statistisch gesehen “zu genauen” Ergebnisse zur Annahme, dass Mendel gewisse abweichende Daten einfach weggelassen hat. Diese wissenschaftlichen Verwerflichkeiten schmälern aber keineswegs die Bedeutung seiner Resultate. Durch die allenfalls vorgenommene “Verbesserung” der Resultate hat er höchstens sich selbst die weitere Erforschung des Gebietes verbaut.

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