Die Prozesse gegen die Nazi-Verbrecher
Die Alliierten haben bereits während des Krieges beschlossen, die Verbrechen während der Nazi-Zeit sofort nach dem Krieg vor Gericht zu bringen. In den verschiedenen Besatzungszonen erfolgte die juristische Ahndung auf verschiedene Weise. Die Amis nahmen die gerichtliche Verfolgung offiziell sehr ernst. Inoffiziell aber handelten sie opportunistisch: In geheimen Operationen der CIA wurden kriegswichtige Informationsträger nach den USA gebracht, wo sie beispielsweise in der Raketentechnik, in der psychologischen und pharmazeutischen Beeinflussung von Menschen oder der Kriegsmedizin als teils hochdekorierte Forscher tätig wurden.
In der sowjetischen Zone wurden anfänglich teils willkürliche Urteile verhängt. Die Verfahren unterstanden direkt dem sowjetischen Geheimdienst. Nach offiziellen sowjetischen Angaben wurden rund 122’600 Personen inhaftiert, wozu noch weitere 34’700 mit ausländischer, vorwiegend sowjetischer Nationalität kamen, die als Fremd- oder Zwangsarbeiter in Deutschland waren. Die Gesamtzahl der dort Verurteilten wird auf 45’000 geschätzt, wovon etwa ein Drittel zur Zwangsarbeit deportiert wurde, die meisten der übrigen in Speziallagern festgehalten wurde. Die Zahl der Todesurteile ist unbekannt.
Mit der antifaschistischen Doktrin in der DDR aber tauchten die Kriegsverbrecher ab und erlangten trotz brauner Vergangenheit einflussreiche Positionen.
Vielen, zu vielen Kriegsverbrechern gelang es aber nach 1945, mit Hilfe der so genannten Rattenlinien zu fliehen und der Bestrafung zu entgehen. Die Fluchtrouten führten mit Beihilfe der Delegación Argentina de Inmigración en Europa hauptsächlich nach Argentinien, aber auch in Länder des Mittleren Ostens. Es existieren jedoch keine genauen Angaben über die Zahl der geflohenen NS-Tätern. Historiker vermuten, dass 180 bis 800 Nazis nach Argentinien flüchteten.
Die Nürnberger Prozesse
Sie fanden zwischen dem 20. November 1945 und dem 14. April 1949 im Justizpalast Nürnberg statt.
Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher
Dieser bekannteste Prozess fand vom 20. November 1945 bis 1. Oktober 1946 statt. 24 Nazi-Grössen mussten sich vor Gericht verantworten. Amerikanischer Hauptankläger, Robert H. Jackson. Es waren:
- Martin Bormann, Tod durch den Strang, in Abwesenheit, er war damals schon tot
- Hans Frank, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Wilhelm Frick, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Hermann Göring, Tod durch den Strang, Suizid am 15. Oktober 1946
- Alfred Jodl, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Ernst Kaltenbrunner, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Wilhelm Keitel, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Joachim von Ribbentrop, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Alfred Rosenberg, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Fritz Sauckel, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Arthur Seyß-Inquart, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Julius Streicher, Tod durch den Strang, am 16. Oktober 1946 hingerichtet
- Walther Funk, lebenslange Haft, aus gesundheitlichen Gründen 1957 entlassen
- Rudolf Heß, lebenslange Haft, Suizid am 17. August 1987 (in Haft)
- Erich Raeder, lebenslange Haft, aus gesundheitlichen Gründen 1955 entlassen
- Baldur von Schirach, 20 Jahre Haft, bis 1966 in Haft
- Albert Speer, 20 Jahre Haft, bis 1966 in Haft
- Konstantin von Neurath, 15 Jahre Haft, aus gesundheitlichen Gründen 1954 entlassen
- Karl Dönitz, 10 Jahre Haft, bis 1956 in Haft
- Hans Fritzsche, Freispruch, Nachfolgend zu 9 Jahren verurteilt; amnestiert 1950
- Franz von Papen, Freispruch, Nachfolgend zu 7 Jahren verurteilt; 1949 entlassen
- Hjalmar Schacht, Freispruch,
- Gustav Krupp, Verfahrenseinstellung , der falsche Krupp wurde verhaftet.
- Robert Ley, —, Suizid am 25. Oktober 1945
Die zwölf Nachfolgeprozesse in Nürnberg
In drei Jahren fanden in der amerikanischen Besatzungszone zwölf weitere grosse Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher statt. Telford Taylor war der Hauptankläger. Folgende 12 Verfahren wurden durchgeführt:
Fall I: Ärzte-Prozess (9. Dezember 1946 – 20. August 1947)
Angeklagt waren 20 KZ-Ärzte sowie ein Jurist und zwei Verwaltungsfachleute als Organisatoren von Medizinverbrechen.
Fall II: Milch-Prozess (Generalfeldmarschall Erhard Milch, 2. Januar – 17. April 1947)
Fall III: Juristenprozess (17. Februar – 14. Dezember 1947)
Bei der juristischen Belangung der Juristen zeigte sich bereits zu Beginn, dass die Urteile kaum hart ausfielen. Viele Nazi-Richter wurden direkt wieder von Gerichten angestellt. Dies war ein Grund, warum viele Verfahren erfolglos blieben.
Fall IV: Prozess Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS (13. Januar – 3. November 1947)
„Vereinigte Staaten vs. Oswald Pohl et al.“. 18 Funktionäre waren angeklagt. Die Anklageschrift nannte vor allem die gemeinsame Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Mitglied in einer verbrecherischen Organisation. Dazu gehörten auch die KZ-Verbrechen.
Fall V: Flick-Prozess gegen den Flick-Konzern (18. April – 22. Dezember 1947)
Fall VI: I.G.-Farben-Prozess (14. August 1947 – 30. Juli 1948)
Fall VII: Prozess Generäle in Südosteuropa, Geiselmord-Prozess (15. Juli 1947 – 19. Februar 1948)
Fall VIII: Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt der SS (1. Juli 1947 – 10. März 1948)
Fall IX: Einsatzgruppen-Prozess (15. September 1947 – 10. April 1948)
Fall X: Krupp-Prozess gegen dem Krupp-Konzern (8. Dezember 1947 – 31. Juli 1948)
Fall XI: Wilhelmstraßen-Prozess gegen NS-Ministerien (4. November 1947 – 13. April 1949)
Fall XII: Prozess Oberkommando der Wehrmacht (30. Dezember 1947 – 14. April 1949)
Angeklagt waren in diesen Nürnberger Nachfolgeprozessen insgesamt 185 Personen:
- 39 Ärzte und Juristen (Fall I und III)
- 56 Mitglieder von SS und Polizei (Fall IV, VIII und IX)
- 42 Industrielle und Manager (Fall V, VI und X)
- 26 militärische Führer (Fall VII und XII)
- 22 Minister und hohe Regierungsvertreter (Fall II und XI)
Von den Angeklagten wurden 35 freigesprochen. 24 wurden zum Tode verurteilt, 20 zu lebenslanger Haft und 98 zu Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren.
Die Dachauer-Prozesse
Die Dachauer Prozesse begannen am 15. November 1945 im Internierungslager Dachau, auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau. Es waren 489 Militärgerichtsprozesse der US-Armee in der amerikanischen Besatzungszone gegen überwiegend deutsche Angeklagte, denen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen wurde.
1672 Personen wurden angeklagt; allein 1021 Angeklagte wurden in bis zu 250 Prozessen aufgrund des Verfahrensgegenstandes „Konzentrationslagerverbrechen“ beschuldigt. 268 der insgesamt 426 verhängten Todesurteile wurden im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg durch Hängen vollstreckt. Die zu Haftstrafen Verurteilten verbüßten ihre Haft ebenfalls in Landsberg.
Bis Ende der 1950er-Jahre waren alle Gefangenen aus der Haft entlassen…
Die Ausschwitz-Prozesse (1963 bis 1965)
Die Auschwitzprozesse begannen 1963 in Frankfurt a.M. In ihnen sollte der Holocaust aufgearbeitet werden, insbesondere die NS-Verbrechen im KZ Auschwitz.
Warum diese Prozesse so spät begannen (13 Jahre nach dem Krieg, die Prozesse der Hauptverbrecher begannen bereits ein halbes Jahr nach der Kapitulation), ist schwer verständlich, da die Untaten von der Zeit verwässert wurden.
Die Vernehmung der Angeklagten (in nur 12 Prozesstagen) blieb praktisch ohne Ergebnis. Die Angeklagten schützten sich gegenseitig, da sie Angst hatten bei Aussage von den Mitangeklagten belastet zu werden.
Der Entschuldigungsgrund «Befehl und Gehorsam» konnte dadurch ausgeräumt werden, da die Gutachter keinen Fall von Erschiessung eines SS-Mannes bei Verweigerung eines Vernichtungsbefehls aufzeigen konnten.
Die Urteile 1965
- Stefan Baretzki, Blockführer, Mord in fünf Fällen Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in elf Fällen an mindestens 10.050 Menschen), lebenslang, zusätzlich acht Jahre Zuchthaus
- Emil Bednarek, Funktionshäftling, Mord in 14 Fällen, lebenslang
- Wilhelm Boger, Lager-Gestapo, Mord in fünf Fällen, Gemeinschaftlicher Mord in 109 Fällen, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (an mindestens 1.010 Menschen), lebenslang, zusätzlich 15 Jahre Zuchthaus
- Arthur Breitwieser, Häftlingsbekleidungskammer, Freispruch aus Mangel an Beweisen
- Pery Broad, Lager-Gestapo, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in 22 Fällen an mindestens 2.000 Menschen), vier Jahre Zuchthaus
- Victor Capesius, Apotheker, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in vier Fällen an mindestens 8.000 Menschen), neun Jahre Zuchthaus
- Klaus Dylewski, Lager-Gestapo, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in 32 Fällen an mindestens 1.500 Menschen), fünf Jahre Zuchthaus
- Willy Frank, Leiter der SS-Zahnstation, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in sechs Fällen an mindestens 6.000 Menschen), sieben Jahre Zuchthaus
- Emil Hantl, Sanitätsdienstgrad, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in 42 Fällen an mindestens 340 Menschen), dreieinhalb Jahre Zuchthaus
- Karl Höcker, Adjutant des Lagerkommandanten, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in drei Fällen an mindestens 3.000 Menschen), sieben Jahre Zuchthaus
- Franz Hofmann, Schutzhaftlagerführer, Mord in einem Fall, Gemeinschaftlicher Mord (in 33 Fällen an mindestens 2.250 Menschen), lebenslang
- Oswald Kaduk, Rapportführer, Mord in zehn Fällen, Gemeinschaftlicher Mord (in zwei Fällen an mindestens 1.002 Menschen), lebenslang
- Josef Klehr, Sanitätsdienstgrad, Mord in 475 Fällen, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in sechs Fällen an mindestens 2.730 Menschen), lebenslang, zusätzlich 15 Jahre Zuchthaus
- Franz Lucas, Lagerarzt, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in vier Fällen an mindestens 4.000 Menschen), 3,25 Jahre Zuchthaus, Nach Revisionsverfahren Freispruch
- Robert Mulka, Adjutant des Lagerkommandanten, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in vier Fällen an mindestens 3.000 Menschen), 14 Jahre Zuchthaus
- Willi Schatz, SS-Zahnarzt, Freispruch mangels Zweifelsfreiheit
- Herbert Scherpe, Sanitätsdienstgrad, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in 200 Fällen an mindestens 700 Menschen), 4,5 Jahre Zuchthaus
- Bruno Schlage, Blockführer, Gemeinschaftliche Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord (in 80 Fällen), sechs Jahre Zuchthaus
- Johann Schoberth, Lager-Gestapo, Freispruch aus Mangel an Beweisen
- Hans Stark, Lager-Gestapo, Gemeinschaftlicher Mord (in 44 Fällen an mindestens 300 Menschen), zehn Jahre Jugendstrafe
Die Urteile von 1966
- Wilhelm Burger, Leiter der Abteilung Verwaltung, acht Jahre Zuchthaus
- Josef Erber, Lager-Gestapo, lebenslang
- Gerhard Neubert, Sanitätsdienstgrad, dreieinhalb Jahre Zuchthaus
Die Urteile 1968
- Bernhard Bonitz, Funktionshäftling, lebenslang
- Josef Windeck, Funktionshäftling, lebenslang, zusätzlich 15 Jahre Freiheitsstrafe
Der Höß-Prozess in Warschau (vom 11. bis 29. März 1947)
Der Höß-Prozess in Warschau, Polen, gegen den ehemaligen SS-Kommandanten Rudolf Höß endete mit einem Todesurteil.
Krakauer Auschwitzprozess in Polen (24. November bis 22. Dezember 1947)
Der Krakauer Auschwitzprozess gegen 40 frühere Wächter wurde durch die Überstellung von anderswo durch die Alliierten gefangen genommenen SS-Leuten an Polen möglich. Das Verfahren endete am 22. Dezember 1947 mit 1 Freispruch, 22 Todes- und 18 Hafturteilen. Unter den in Krakau Hingerichteten befanden sich Arthur Liebehenschel, Maria Mandl und Hans Aumeier. In Polen fanden in den folgenden Jahren weitere Verfahren gegen einzelne Angeklagte statt.
Der Bergen-Belsen-Prozess
Der erste Bergen-Belsen-Prozess vor einem britischen Militärgericht in Lüneburg vom 17. September bis 17. November 1945. Da ein Teil der Angeklagten zuvor im KZ Auschwitz tätig war, wurde bei diesen die Anklage neben der Verhandlung der Verbrechen in Bergen-Belsen auch auf die Verbrechen im KZ Auschwitz ausgedehnt. Davon wurden 7 Angeklagte, auch wegen der Teilnahme an Verbrechen im KZ Auschwitz, zum Tode verurteilt und am 13. Dezember 1945 hingerichtet. Darunter waren Josef Kramer, Irma Grese, Franz Hößler und der KZ-Arzt Fritz Klein.
Dachauer-Prozesse
Die folgenden Prozesse (KZ Dachau Hauptprozess, KZ Mauthausen Hauptprozess, KZ Flossenbürg, Flossenbürg-Hauptprozess, Mühledorf-Prozess, Buchenwald-Hauptprozess, Dachauer Dora-Prozess, Fliegerprozesse, Malmedy-Prozess, Prozess gegen Otto Skorzeny) sind bekannt unter dem Namen Dachauer-Prozesse. Es waren rund 250 Prozesse. Sie wurden im Internierungslager Dachau durchgeführt, welches sich auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau befand.
KZ Dachau Hauptprozess
Der erste Dachauer Prozess richtete sich gegen Teile der Mannschaft des KZ Dachau und wurde vom 15. November bis zum 13. Dezember 1945 durchgeführt.
Die Liste der dort Angeklagten reichte vom Lagerkommandanten Martin Weiß, über den Lagerführer des Außenlagers München-Allach, Josef Jarolin, Kommandanten diverser Kauferinger Nebenlager, wie Johann Eichelsdörfer, Arno Lippmann, Otto Förschner oder Alfred Kramer, die Schutzhaftlagerführer Michael Redwitz und Friedrich Ruppert bis zu drei Funktionshäftlingen. Unter dem angeklagten medizinischen Personal befanden sich die Lagerärzte Hans Eisele, Wilhelm Witteler und Fritz Hintermayer. Hinzuzuzählen ist noch der Tropenmediziner Claus Schilling, der die Malariaversuchsstation in Dachau geleitet hatte. Ebenso stand Otto Schulz als Vertreter der Deutschen Ausrüstungswerke (DAW) unter Anklage. Auch Otto Moll befand sich für seine Tätigkeit in diversen Kauferinger Außenlagern im Jahr 1945 unter den Angeklagten. Als einziger Vertreter der „Politischen Abteilung“ (Lager-Gestapo) war Kriminalkommissar Johann Kick angeklagt.
Der Urteilsverkündung schickte das Gericht einige grundsätzliche Überlegungen voraus. Tötungen und Misshandlungen seien im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens geschehen. Sie erforderten, gegen jeden Anklage zu erheben, der mit der Verwaltung oder Arbeit im Lager zu tun gehabt habe. Das Gericht sei zwar von Siegerseite eingesetzt worden, es wende jedoch ausschließlich Normen internationalen Rechts und solche Rechtsgrundsätze an, die von allen zivilisierten Menschen anerkannt seien.[5] Die 40 Angeklagten wurden sämtlich schuldig befunden und 36 von ihnen zum Tode verurteilt. Von den zum Tode Verurteilten wurden 28 am 28. und 29. Mai 1946 im Landsberger Kriegsverbrechergefängnis gehängt. Dem Dachau-Hauptverfahren schlossen sich 121 Folgeprozesse mit etwa 500 Beschuldigten an.
KZ Mauthausen Hauptprozess
Vom 29. März bis zum 13. Mai 1946 wurde mit dem zweiten Dachauer Prozess, dem Mauthausen-Hauptprozess das umfangreichste Konzentrationslagerverfahren durchgeführt, das sich gegen das Lagerpersonal des KZ Mauthausen richtete. Alle 61 Angeklagten wurden für schuldig befunden, 58 von ihnen zum Tode verurteilt. Neun Todesstrafen wurden später in lebenslängliche Haftstrafen umgewandelt. Die Hinrichtungen wurden im Mai und Juni 1947 durch Hängen vollzogen. Neben dem Hauptangeklagten, dem Gauleiter Oberdonau August Eigruber, befanden sich darunter die Adjutanten des Lagerkommandanten Viktor Zoller und Adolf Zutter, weiter Julius Ludolf, Kommandant der Nebenlager Loibl-Pass, Groß-Raming und Melk, Eduard Krebsbach, der Standortarzt von 1941 bis 1943, sowie der Lagerarzt Friedrich Entress, der letzte Standortarzt Waldemar Wolter und der Lagerarzt des KZ Ebensee, Wilhelm Jobst. Zudem waren drei Funktionshäftlinge angeklagt. Dem Mauthausen-Hauptverfahren schlossen sich 60 Folgeprozesse mit 238 Beschuldigten an.[6]
KZ Flossenbürg, Flossenbürg-Hauptprozess
Vom 12. Juni 1946 bis zum 22. Januar 1947 fand in Dachau der längste Dachauer Prozess, der Flossenbürg-Hauptprozess (United States of America v. Friedrich Becker et al.), gegen ehemaliges Lagerpersonal des KZ Flossenbürg statt. Von 45 Angeklagten, darunter zwölf Funktionshäftlinge, erhielten 15 die Todesstrafe. Drei Todesurteile wurden nach Überprüfungsverfahren in lebenslängliche Freiheitsstrafen umgewandelt. Die Todesurteile wurden am 3. und 15. Oktober 1947 im Landsberger Kriegsverbrechergefängnis durch Hängen vollstreckt. Zudem wurden 25 Freiheitsstrafen verhängt, davon elf lebenslang. Fünf Angeklagte wurden freigesprochen. Dem Flossenbürg-Hauptverfahren schlossen sich 18 Folgeprozesse mit weiteren 42 Beschuldigten an. Nach Nebenprozessen wurden vier weitere Hinrichtungen 1948 oder 1949 in Landsberg vollzogen, darunter auch die des Lagerarztes Heinrich Schmitz, und damit im Zusammenhang mit den Flossenbürg-Prozessen insgesamt 18 Todesurteile vollstreckt.[7]
Außenkommando Mühldorf, Mühledorf-Prozess
In der Zeit vom 1. April 1947 bis zum 13. Mai 1947 wurde in Dachau von einem General Military Government Court der amerikanischen Besatzungsmacht ein Prozess gegen 14 NS-Täter des Außenkommandos Mühldorf durchgeführt, der sogenannte Mühldorf-Prozess. Neben fünf Todesurteilen wurden zwei lebenslange und fünf zeitige Haftstrafen ausgesprochen. Zwei der Angeklagten wurden freigesprochen. Nur das Todesurteil des Arbeitseinsatzführers Franz Auer wurde am 26. November 1948 in Landsberg vollstreckt. Die anderen Todesurteile, darunter jenes gegen die Ärztin Erika Flocken, wurden in lebenslange Freiheitsstrafen umgewandelt. Dem Mühldorf-Prozess selbst folgten keine Nebenverfahren, diese wurden als Folgeverfahren zum Dachau-Hauptprozess verhandelt.
KZ Buchenwald
Vom 11. April bis zum 14. August 1947 fand der Buchenwald-Hauptprozess gegen Angehörige des Lagers Buchenwald statt (United States of America v. Josias Prince zu Waldeck et al.). Alle 31 Angeklagten wurden für schuldig befunden, 22 zum Tode verurteilt. Es wurden elf Todesurteile vollstreckt, die anderen wurden in lebenslängliche Haftstrafen umgewandelt. Unter den Verurteilten befanden sich Josias zu Waldeck und Pyrmont als Höherer SS- und Polizeiführer Fulda-Werra, der Lagerkommandant von Buchenwald Hermann Pister, der KZ-Arzt Hans Eisele sowie Ilse Koch. Dem Buchenwald-Hauptprozess schlossen sich 24 Nebenverfahren mit weiteren 31 Angeklagten an.
KZ Dora-Mittelbau, Dachauer Dora-Prozess
Einen weiteren Verfahrenskomplex bildete der Dachauer Dora-Prozess gegen 19 Angehörige des Lagerpersonals des KZ Mittelbau. Dieser Prozess wurde vom 7. August bis zum 31. Dezember 1947 durchgeführt, wobei der zweite Schutzhaftlagerführer Hans Möser als Hauptangeklagter vor Gericht stand. Von den Angeklagten wurde Möser als einziger am 30. Dezember 1947 zum Tod durch den Strang verurteilt und am 26. November 1948 in Landsberg gehängt. Insgesamt 14 Freiheitsstrafen wurden ausgesprochen, sieben davon lebenslang. Vier der Angeklagten wurden freigesprochen. Dem Nordhausen-Hauptprozess schlossen sich fünf Nebenverfahren mit weiteren fünf Angeklagten an.
Fliegerprozesse
Mehr als 200 Dachauer Prozesse hatten die Ermordung alliierter Flieger in deutscher Gefangenschaft zum Verfahrensgegenstand. Bekanntester Angeklagter in diesen Prozessen war der höhere SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop. Fliegerprozesse fanden auch in Hamburg (Curiohaus-Prozesse) und an weiteren Orten statt.
Malmedy-Prozess
Der Malmedy-Prozess war einer der Dachauer Prozesse, der vom 16. Mai bis 16. Juli 1946 stattfand. Im Prozess wurden 74 Angehörige des Panzer-Regiments der 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte SS Adolf Hitler beschuldigt, im Dezember 1944 bei Malmedy 77 gefangene US-Soldaten beim sogenannten Malmedy-Massaker erschossen, und bis zum Abschluss der Ardennen-Offensive allein im Bereich von Stavelot 130 Morde an Zivilisten begangen zu haben. Es wurden 43 Todesurteile verhängt und 30 Haftstrafen, davon 22 lebenslange. Alle Todesurteile wurden später in Haftstrafen umgewandelt. Bekannte Angeklagte waren Sepp Dietrich und Joachim Peiper.
Prozess gegen Otto Skorzeny
Vom 18. August bis zum 9. September 1947 wurde der Prozess gegen Otto Skorzeny und neun weitere Angeklagte geführt. Die vier Anklagepunkte, die sämtlich mit „Verletzung der Kriegsgesetze und -gebräuche“ überschrieben waren umfassten die „Misshandlung und Tötung Kriegsgefangener“, „Beraubung Kriegsgefangener“, „missbräuchliche Benutzung alliierter Uniformen“ und „Einbehaltung von Paketen Kriegsgefangener“. Skorzeny war Leiter einer Sondereinheit, die im Rahmen der Ardennenoffensive, getarnt als alliierte Soldaten, Spezialaufträge ausführen sollte. Aufgrund des Kriegsverlaufes kam es jedoch nicht zur Durchführung des Unternehmens, nur einige Mitglieder dieser Einheit kamen während der Ardennenoffensive zum Einsatz. Alle Angeklagten wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Von den insgesamt 1672 angeklagten Personen der Dachauer-Prozesse mussten sich 1021 Täter aufgrund des Verfahrensgegenstandes „Konzentrationslagerverbrechen“ verantworten. 268 der insgesamt 426 verhängten Todesurteile wurden vollstreckt.
Stutthof-Prozesse in Danzig
In Danzig, Polen, wurden die Stutthof-Prozesse von 1946 bis 1947 gegen Lagermannschaft und Funktionshäftlinge des KZ Stutthof vor polnisch-sowjetischen Strafgerichten geführt. Bei zunächst vier Prozessen wurden von 84 Angeklagten 21 zum Tod verurteilt, zwei wurden freigesprochen, die anderen erhielten Haftstrafen. Später wurden in Polen und der Bundesrepublik noch weitere Stutthoff-Prozesse gegen einzelne Täter geführt.
Auschwitz-Prozess in Erfurt, DDR
Vor Landes- bzw. Bezirksgerichten der DDR kam es zu einzelnen Auschwitzprozessen zwischen 1949 und 1966, so wurde unter anderem Hans Anhalt vom Bezirksgericht Erfurt 1964 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. 1966 wurde Horst Fischer, Lagerarzt im KZ Auschwitz III Monowitz, in einem Schauprozess vom Obersten Gericht der DDR zum Tode verurteilt.
Prozess um die Deportation und Ermordung von 40’000 französischen Juden
Vor dem Landgericht Köln begann am 23. Oktober 1979 ein Prozess um die Deportation und Ermordung von 40.000 französischen Juden der am 11. Februar 1980 mit der Verurteilung des Gestapo-Chefs in Paris Kurt Lischka zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Herbert M. Hagen, Stellvertreter des Militärbefehlshabers in Frankreich, und Ernst Heinrichsohn, Mitarbeiter im Judenreferat von Paris, wurden zu zwölf und sechs Jahren verurteilt.
Zwischen 1953 und 1991 kam es vor weiteren bundesdeutschen Landgerichten zu einzelnen Auschwitzprozessen, so wurde unter anderem Bernhard Rakers vom Landgericht Osnabrück 1953 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Eichmann-Prozess in Jerusalem
Ein international stark beachtetes Verfahren war 1961 der Eichmann-Prozess in Jerusalem. Hier wurde der Organisator im RSHA der lokalen Verfolgungsmaßnahmen und der Transporte in die Vernichtung in den Auschwitz-Konzentrationslagern und den meisten übrigen damaligen Konzentrations- und Vernichtungslagern angeklagt.
An verschiedenen anderen Orten wurden Wächter oder Täter auch im Zusammenhang mit Taten in anderen Konzentrationslagern verurteilt: Carl Clauberg, Friedrich Hartjenstein, Heinrich Schwarz, Otto Moll, Johann Schwarzhuber.
Auschwitz-Prozesse in Wien
Vor dem Volksgericht in Wien kam es zu einzelnen Auschwitzprozessen zwischen 1945 und 1955.
Vor dem Geschworenengericht in Wien endeten 1972 zwei Auschwitzprozesse mit je zwei Angeklagten. Sowohl Walter Dejaco und Fritz Ertl, die beide der Bauleitung in Auschwitz-Birkenau angehörten, wurden freigesprochen als auch in dem anderen Verfahren Otto Graf und Franz Wunsch.
Links
Links zur Geschichte kurz nach 1945
- Jalta-Konferenz (Krim-Konferenz)
- Potsdam-Konferenz
- Die letzten Kriegstage
- Hitlers letzte Tage
- Besatzungszonen
- Sowjetische Blockade und Berliner Luftbrücke
- Umerziehung und Entnazifizierung
- Liste der Nazi-Täter
- Nazi-Prozesse (Kriegsverbrechertribunale)
- Die Rattenlinie (Fluchtroute der Täter)
Links zur Zeit des Nationalsozialismus
- Die Person Hitler
- Der Nationalsozialismus
- Der Holocaust
- Widerstand gegen Hitler