Eine indische Legende
Gemäss einer alten Legende mit Reis auf dem Schachbrett wird das exponentielle Wachstum veranschaulicht. Es lebte in Indien einst ein König namens Sher Khan. Während seiner Herrschaft erfand jemand das Spiel, das heute Schach heisst.
Der König war von diesem königlichen Spiel begeistert, dass er den Erfinder des Spieles zu sich an den Königshof rufen liess.
Als der Erfinder, ein weiser Mann, vor ihn trat, sagte der König, er wolle ihm eine Belohnung geben für diese vortreffliche Erfindung. Er sei reich und mächtig genug, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, sei er auch noch so ausgefallen.
Der Mann schwieg eine Weile und dachte nach.
Der König ermunterte ihn und sagte, er möge keine Scheu zeigen und einfach seinen Wunsch äußern. Der Mann jedoch erbat sich Bedenkzeit bis zum nächsten Tag, um über seinen Wunsch nachzudenken. Dann, so sagte er, wolle er dem König seinen Herzenswunsch mitteilen.
Als der Mann am nächsten Tag abermals vor den König trat, bat er um ein einziges Reiskorn auf dem ersten Feld des Schachbretts. Der König lachte und fragte ihn, ob das wirklich alles sei, er könne sich doch mehr wünschen? Da antwortete der Mann, er hätte gerne auf dem zweiten Felde zwei Reiskörner, auf dem dritten vier, auf dem vierten acht, auf dem fünften Feld sechzehn Reiskörner.
Die Berater des Königs begannen schallend zu lachen, weil sie diesen Wunsch für äußerst dumm hielten. Schliesslich hätte der Mann sich Gold, Edelsteine, Land oder alles mögliche andere wünschen können. Der König hatte ja sein Wort gegeben und müsste ihn mit Reichtümern überschütten, wenn er es verlangte.
Der König war verärgert, weil er dachte, der Erfinder halte ihn für zu arm oder zu geizig. Er sagte, er wolle ihm für alle Felder Reiskörner geben – auf jedem Feld doppelt so viele Körner wie auf dem Feld davor. Doch der Wunsch sei dumm, weil er ihm viel mehr hätte geben können. Der König schickte den Erfinder des Schachspiels aus dem Palast hinaus und ließ ihn am Tor warten. Dorthin würde man ihm seinen Reis bringen.
Der Weise ging leise lächelnd hinaus. Am Tor setzte er sich und wartete geduldig auf seine Belohnung.
Abends erinnerte sich König Sher Khan an den seltsamen Wunsch und fragte, ob der Erfinder seine Belohnung schon erhalten habe. Seine Berater wurden nervös und erklärten, dass sie die Belohnung nicht hätten zusammenbringen können – es sei einfach viel zu viel, und die Getreidespeicher würden nicht genug Reis enthalten, um ihn auszuzahlen.
Da wurde der König wütend und schimpfte, sie sollten dem Mann endlich seine Belohnung geben, schließlich habe er es versprochen und das Wort des Königs gelte.
Da erklärten seine Berater und der Hofmathematiker, dass es im gesamten Königreiche nicht genug Reis gäbe, um den Wunsch des Mannes zu erfüllen. Ja, dass es auf der gesamten Welt nicht so viel Reis gäbe. Wenn er sein Wort halten wolle, müsse er alles Land auf der Welt kaufen, es in Reisfelder verwandeln und sogar noch die Ozeane als Ackerfläche trockenlegen lassen, um genügend Reis anpflanzen zu können.
König Sher Khan schwieg verblüfft. Dann fragte er, wie viele Reiskörner es denn seien. 18.446.744.073.709.551.615 Reiskörner war die Antwort.
Da lachte der König schallend. Er liess den Weisen zu sich rufen und machte ihn zu seinem neuen Berater.
Mathematische Überlegungen zum Reis auf dem Schachbrett
Mathematisch gesehen ist die Geschichte eine Berechnung der Potenzen von 20 bis 263 und deren Summe bis 264 – 1
Reis auf dem Schachbrett: Veranschaulichung in einer Tabelle:
Feld x | Anzahl Reiskörner auf Feld x |
Summe der Reiskörner bis zum Feld x |
1 | 1 | 1 |
2 | 2 | 3 |
3 | 4 | 7 |
4 | 8 | 15 |
5 | 16 | 31 |
6 | 32 | 63 |
7 | 64 | 127 |
8 | 128 | 255 |
9 | 256 | 511 |
10 | 512 | 1.023 |
11 | 1.024 | 2.047 |
12 | 2.048 | 4.095 |
13 | 4.096 | 8.191 |
14 | 8.192 | 16.383 |
15 | 16.384 | 32.767 |
16 | 32.768 | 65.535 |
17 | 65.536 | 131.071 |
18 | 131.072 | 262.143 |
19 | 262.144 | 524.287 |
20 | 524.288 | 1.048.575 |
21 | 1.048.576 | 2.097.151 |
22 | 2.097.152 | 4.194.303 |
23 | 4.194.304 | 8.388.607 |
24 | 8.388.608 | 16.777.215 |
25 | 16.777.216 | 33.554.431 |
26 | 33.554.432 | 67.108.863 |
27 | 67.108.864 | 134.217.727 |
28 | 134.217.728 | 268.435.455 |
29 | 268.435.456 | 536.870.911 |
30 | 536.870.912 | 1.073.741.823 |
31 | 1.073.741.824 | 2.147.483.647 |
32 | 2.147.483.648 | 4.294.967.295 |
33 | 4.294.967.296 | 8.589.934.591 |
34 | 8.589.934.592 | 17.179.869.183 |
35 | 17.179.869.184 | 34.359.738.367 |
36 | 34.359.738.368 | 68.719.476.735 |
37 | 68.719.476.736 | 137.438.953.471 |
38 | 137.438.953.472 | 274.877.906.943 |
39 | 274.877.906.944 | 549.755.813.887 |
40 | 549.755.813.888 | 1.099.511.627.775 |
41 | 1.099.511.627.776 | 2.199.023.255.551 |
42 | 2.199.023.255.552 | 4.398.046.511.103 |
43 | 4.398.046.511.104 | 8.796.093.022.207 |
44 | 8.796.093.022.208 | 17.592.186.044.415 |
45 | 17.592.186.044.416 | 35.184.372.088.831 |
46 | 35.184.372.088.832 | 70.368.744.177.663 |
47 | 70.368.744.177.664 | 140.737.488.355.327 |
48 | 140.737.488.355.328 | 281.474.976.710.655 |
49 | 281.474.976.710.656 | 562.949.953.421.311 |
50 | 562.949.953.421.312 | 1.125.899.906.842.623 |
51 | 1.125.899.906.842.624 | 2.251.799.813.685.247 |
52 | 2.251.799.813.685.248 | 4.503.599.627.370.495 |
53 | 4.503.599.627.370.496 | 9.007.199.254.740.991 |
54 | 9.007.199.254.740.992 | 18.014.398.509.481.983 |
55 | 18.014.398.509.481.984 | 36.028.797.018.963.967 |
56 | 36.028.797.018.963.968 | 72.057.594.037.927.935 |
57 | 72.057.594.037.927.936 | 144.115.188.075.855.871 |
58 | 144.115.188.075.855.872 | 288.230.376.151.711.743 |
59 | 288.230.376.151.711.744 | 576.460.752.303.423.487 |
60 | 576.460.752.303.423.488 | 1.152.921.504.606.846.975 |
61 | 1.152.921.504.606.846.976 | 2.305.843.009.213.693.951 |
62 | 2.305.843.009.213.693.952 | 4.611.686.018.427.387.903 |
63 | 4.611.686.018.427.387.904 | 9.223.372.036.854.775.807 |
64 | 9.223.372.036.854.775.808 | 18.446.744.073.709.551.615 |
Was aber bedeuten denn 18.446.744.073.709.551.615 oder 1.8 · 1019 Reiskörner?
in Worten sind das 18 Trillionen, 446 Billiarden, 744 Billionen, 73 Milliarden, 709 Millionen, 551 Tausend, 615 Reiskörner.
Hilfe, um sich die Menge Reis auf dem Schachbrett vorstellen zu können
In einem Kilo Reis sind hochgerechnet rund 54’500 Körner enthalten. | Der Weise würde also 338 472 368 324 946 kg Reis bekommen |
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In einem Eisenbahnwagen haben rund 30 Tonnen Reis Platz | Er bekommt 11’282’412’277 Eisenbahnwagen voller Reis | |
Ein Zug hat rund 30 Eisenbahnwagen | Er bekommt 376’080’409 Züge voll mit Reis
Das sind Dreihundertsiebzig |
Ein anderer Ansatz, damit wir uns die grosse Zahl vorstellen können:
Die Erntemenge von Reis weltweit 2018
2018 wurde weltweit 782 Millionen Tonnen Reis produziert.
782’000’000 Tonnen Reis = 7.82 · 108 Tonnen Reis
782’000’000’000 Kilo Reis = 7.82 · 1011 Kilo Reis
Die Anzahl Kilo mit der Anzahl Körnern pro Kilo (54’500) multipliziert ergibt:
4.262 · 1016 Körner
Das ist die Anzahl Körner der Weltproduktion von 2018.
Jetzt kann ich die Anzahl der Reiskörner auf dem Schachbrett (1.8 · 1019) durch die Anzahl Körner der Weltproduktion (4.262 · 1016) teilen. Das ergibt dann die Zahl von 433. Also der Weise „bekomme“ vom König 433-mal die Weltproduktionsmenge an Reis.