Nahrung und Verdauung

Was sind Nahrungsmittel?

Heute steht uns eine verwirrende Fülle von verschiedensten Nahrungsmitteln zur Verfügung. Aus etwa 10’000 verschiedenen Produkten im Laden wählen wir unsere Nahrung aus. Ein Säugling allerdings kann sich in seiner ersten Lebensphase ausschliesslich von Milch ernähren.

Muttermilch

In der Muttermilch ist alles enthalten, was der Säugling braucht.

Muttermilch Kuhmilch
Wasser 87.2 87.5
Fett 4 3.5 – 4
Eiweiss 1.5 3.5
Zucker 7 4.8
Spurenelemente 0.3 0.7
Vitamine

Der Vergleich zeigt, dass Muttermilch

  • weniger Eiweiss hat
  • mehr Kohlenhydrate (Laktose) hat
  • mehr Kupfer, weniger Phosphor hat

Nahrung für Erwachsene

In unseren Nahrungsmitteln sind zusätzlich auch noch Ballaststoffe wie Zellulose und noch weitere Vitamine und Mineralstoffe enthalten.

Der Mensch bezieht alle seine Nährstoffe aus dem Tier- und Pflanzenreich. Auch die Tiere ernähren sich letztendlich von Pflanzen. Grundlage aller Ernährung ist also die Pflanze, die aus Sonnenlicht und Kohlendioxid ihren Pflanzenkörper aufbaut. Dieser Prozess spielt sich im grünen Pflanzenblatt ab. Man nennt ihn Photosynthese.
Aus diesem Grunde werden die Pflanzen als Produzenten, Tiere und der Mensch als Konsumenten bezeichnet.

Der Energiebedarf des Körpers

Bei grossen körperlichen Anstrengungen haben wir einen grösseren Hunger und essen mehr. Offenbar wird dadurch mehr von den Nährstoffen in unserem Körper verbraucht. Von den oben genannten Nährstoffen sind es aber nur die Kohlenhydrate (Zucker und Stärke), die Fette und die Eiweisse, die uns Energie liefern. Wir wollen sie Grundnährstoffe nennen.

Energieeinheiten: Die Energie eines Nährstoffes wird in Joule (sprich: Tschul, Abkürzung: J) oder früher in Kalorien (Abkürzung: cal) angegeben. Eine Kalorie entspricht der Energie, die man für die Erwärmung von 1g Wasser um 1° Celsius aufwenden muss. 1 Kalorie entspricht 4.186 Joule. Üblicherweise wird der tausendfache Wert angegeben: kJ (= 1000 Joule) oder kcal (=1000 Kalorien).

Die drei genannten Grundnährstoffe enthalten unterschiedlich viel Energie. Man kann diese Energie ermitteln, indem man die Nährstoffe in einem gut isolierten Gefäss (sog. Kalorimeter) vollständig verbrennt und die Brennenergie, den sogenannten Brennwert, misst.

Physikalische Brennwerte der Grundnährstoffe und ihre Ausnutzung im Körper

physikalischer Brennwert

Traubenzucker 15.69 [ kJ / g ]
Stärke 17.62 [ kJ / g ]
Butterfett 38.59 [ kJ / g ]
Pflanzenfett 39.85 [ kJ / g ]
Muskeleiweiss 24.02 [ kJ / g ]
Milcheiweiss 24.19 [ kJ / g ]

Ausnutzung im Körper

Kohlenhydrate 17.16 [ kJ / g ]
Fette 38.92 [ kJ / g ]
Eiweiss 17.16 [ kJ / g ]

Die Tabelle zeigt uns einerseits, dass Fette die energiereichsten Nährstoffe sind, andererseits sehen wir, dass der Körper dem recht energiereichen Eiweiss nicht mehr Energie entzieht als den Kohlenhydraten.

Die Wertigkeit von Nährstoffen

Was den Kalorienbedarf anbelangt, können sich die drei Grundnährstoffe gegenseitig vertreten. Trotzdem sind sie nicht gleichwertig. Der Körper vermag Kohlenhydrate in Fette zu verwandeln und umgekehrt. Eiweiss lässt sich jedoch weder aus Kohlenhydraten noch aus Fett herstellen.
Beim energiespendenden Abbau von Kohlenhydraten oder Fetten wird am Ende Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) gebildet. Das Endprodukt des Eiweisses ist jedoch Harnstoff, das noch einen Brennwert von 10.59 kJ aufweist. Diese Energie geht dem Körper verloren.

Lässt man aus der Nahrung das Eiweiss weg, so kann im Urin trotzdem eine gleichbleibende Menge Harnstoff beobachtet werden, die wir ausscheiden. Diese Menge entspricht etwa einer täglichen Menge von 75g Eiweiss, die der Körper abbaut, und die wir mit der Nahrung wieder zu uns nehmen müssen, um unser Körpergewicht konstant zu halten.
Eiweiss wird dem Baustoffwechsel zugerechnet (Aufbau von Muskeln, Enzymen, Haaren etc.), Fett und Kohlenhydrate vorwiegend aber dem Energiestoffwechsel.

Der Verdauungsorgane

Beim Verdauungsorganismus treffen wir Vorgänge an, die sich fast völlig unbewusst ablaufen. Zum Glück, denn wir würden überwältigt von der Fülle von gleichzeitig ablaufenden Prozessen. Diese Unfähigkeit, unseren eigenen Stoffwechsel selbst bewusst zu erleben, entspricht auch den Schwierigkeiten, Stoffwechselprozesse im lebendigen Zusammenhang zu erfassen. Zwar scheint das angehäufte Wissen über die Biochemie und Physiologie bereits fast alles zu erklären. Hinter jedem wissenschaftlichen Begriff zum Stoffwechsel erheben sich jedoch neue Rätsel.

Eines dieser Rätsel ist das folgende: Warum werden wir nicht zum Kaninchen, wenn wir ausschliesslich Kaninchenbraten essen?
Wir zerkleinern und zerstören die Nahrung in der Verdauung soweit, bis sie ihre Herkunft verliert und nun von unserem Stoffwechsel zu unserer eigenen Körpersubstanz aufgebaut werden kann.

Wir essen jeden Tag eine gewisse Menge Nahrung und scheiden eine gleiche Menge Abfallstoffe aus. Durch uns hindurch fliesst ständig ein Strom von Substanzen. Trotzdem haben wir eine für unsere Mitmenschen wiedererkennbare Gestalt. Wir verlieren unsere Individualität nicht. Dadurch, dass wir uns ernähren und gleichzeitig dauernd Stoffe ausscheiden, befinden wir uns in einem fliessenden Gleichgewicht (wenn wir nicht abmagern oder dick werden), dem sogenannten Fliessgleichgewicht (steady state).

fliessgleichgewicht

Abbildung Fliessgleichgewicht

Der gesamte Körper wird auch dauernd stofflich umgebaut. Nur wachsende Kinder und alte oder schwer kranke Menschen befinden sich nicht im Fliessgleichgewicht.

Im Verdauungssystem löst der Mensch die aufgenommene Nahrung in wässrigen Körpersäften, zerlegt das fremde organische Material in Einzelbestandteile und wandelt diese dann in körpereigene Substanz um. Was passiert mit der Nahrung, wenn sie vom Körper aufgenommen worden ist? (siehe oben!!!) Aus dem Verdauungsprozess gewinnen wir sowohl Energie für den Energiestoffwechsel, aber auch Stoffe für den Aufbau von Körpersubstanz (Baustoffwechsel) gewonnen. Die Kohlenhydrate dienen vor allem dem Energiestoffwechsel, Eiweisse hauptsächlich dem Baustoffwechsel. Der für uns unbrauchbare Rest wird als Kot ausgeschieden.

Abbildung Input (Nahrung), Energiestoffwechsel, Baustoffwechsel, Output (Kot)
Das System der Verdauungsorgane bildet den vom Mund bis zum After reichende Verdauungstrakt. Dieses „Verdauungsrohr“ ist wie eine verinnerlichte Aussenwelt oder eine „eingestülpte Grenzfläche zur Aussenwelt“ (Rohen). Wir können den Verdauungsorganismus in drei Teile gliedern:

1. Sinnesnervenbereich: Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Magen
2. Mitteldarm: Dünndarm (Zwölffingerdarm mit Leber und Bauchspeicheldrüse, Leerdarm, Krummdarm)
3. Enddarm: aufsteigender Dickdarm, Querkolon, absteigender Dickdarm, Sigmoid, Rektum, Enddarm-Ampulle

Der Weg der Nahrung durch das Verdauungssystem

Mund: Schmecken und riechen der Nahrung (prüfen) durch die Nase und die Zunge, einspeicheln (drei paarige Mundspeicheldrüsen) und zerkleinern (Zähne). Vorverdauung der Kohlenhydrate durch das Enzym Speichelamylase (Zucker, Stärke). Enzyme sind Eiweissstoffe, die vom Körper selbst hergestellt werden und Stoffumwandlungen im Körper erleichtern. Im Nahrungsbrei helfen sie, die Nahrung in ihre chemischen Bestandteile zu zerlegen (Katabolismus). Für fast jede Stoffwechselreaktion im Körper, existiert mindestens ein dazugehöriges Enzym.

Rachen: Die zwischen Nasen- und Mundraum einerseits und Kehlkopf-Luftröhre sowie Speiseröhre andererseits eingeschaltete gemeinsame Strecke des Luft- und Speiseweges. Der Rachenraum ist etwa 12 cm lang. Es ist der Ort, wo sich der Luft- und der Speiseweg kreuzen. In ihm findet der für unsere Ernährung wichtige Schluckreflex statt.

Die Speiseröhre ist etwa 25 cm lang. Nach dem Schlucken gelangt der Speisebrei durch sie in den Magen. Der Speisebrei (chymus von griech. Saft) wird aktiv (aber unbewusst) durch wellenförmige Kontraktionen (Zusammenziehung) der Ringmuskulatur befördert. Man nennt diese Kontraktionswellen des Darmsystems Peristaltik.

Im Magen wird der Nahrungsbrei durchgeknetet und mit Magensaft vermischt. Magensaft ist eine gelbliche, geruchlose und stark saure Flüssigkeit (pH 0.9-1.5). Sie besteht aus Wasser, Schleim, Salzsäure und Enzymen (v.a. Pepsine. Die Salzsäure tötet Bakterien, Viren und zum Teil Würmer, das Pepsin beginnt mit der Verdauung der Eiweisse. Der Schleim, den die Magenwand dauernd produziert, verhindert die Selbstverdauung des Magens. Ein Ringmuskel am Magenausgang (Pförtner), lässt nun den Nahrungsbrei portionenweise in den Dünndarm.
Verweildauer von verschiedenen Speisearten:

Der Dünndarm ist etwa 6 m lang und hat einen Durchmesser von 2-3 cm. Hier ist der wichtige Ort der Verdauung und der Resorption (Aufnahme) der verdauten Nahrungsbestandteile. Der Dünndarm wird eingeteilt in
Zwölffingerdarm (Duodenum): 25-30cm. Einmündung von Gallengang und Gang der Bauchspeicheldrüse. Der Zwölffingerdarm ist nicht mit Mesenterien verbunden.
Leerdarm (Jejunum, ieiunus: nüchtern, hungrig, leer: dieser Abschnitt wird an der Leiche meist leer gefunden): ca 2.3 m (2/5 vom mesenterialen Dünndarm). Zottenreicher Abschnitt, hängt (im Gegensatz zum Zwölffingerdarm) an Mesenterien (Gekröse), die über Blutgefässe die Nährstoffe in den Kreislauf bringen. Verdauung der Eiweisse und Fette durch den Gallensaft und Enzyme der Bauchspeicheldrüse und des Dünndarmes selbst.
Krummdarm (Ileum): ca. 3.4 m (3/5 vom mesenterialen Dünndarm). Aufnahme der verdauten Nahrung in die Darmzotten und Übergabe ans Blut und an die Lymphe (v.a. Fette). Hier finden sich 2’000 – 3’000 Darmzotten pro cm2.

Abbildung
Aufbau der Darmwand
Beispiel: Dünndarm
Vergrösserungsfaktor
– Darmrohr 1
– Kerckringsche Falten 3
– Zotten 30
– Microvilli 600

Mit den Kerckringschen Falten, den Darmzotten und Mikrovilli (Stäbchensaum) entsteht im Dünndarmraum eine Gesamtoberfläche von etwa 100 m2 (600-fache Oberflächenvergrösserung). Die Dünndarmschleimhaut ist mit etwa 10 Mio Zotten besetzt (etwa 50/mm2; Zotten sind ca. 1 mm lange, fingerartige bis blattförmige Gebilde, die sehr formveränderlich sind).

duenndarm_ue_ohne

Die Resorptionsleistung (Aufnahmeleistung) ist oberflächenabhängig: eine grössere Oberfläche kann mehr Nahrung aufnehmen. Die Resorption erfolgt hauptsächlich im Duodenum und Jejenum. Im Ileum erfolgt lediglich noch die Resorption eines Vitamins (B12) und konjugierten Gallensäuren.

Der Dickdarm (Intestinum crassum, Colon) ist 1.2 – 1.4 m lang und im Durchmesser etwa 5 – 8 cm. Er umgibt den Dünndarm wie ein Rahmen. Seine Aufgabe ist die Wasserresorption ins Blut (c.a. 8 Liter im Tag), Eindicken des Kotes und die Vergärung von Cellulose durch Enzyme der Dickdarmbakterien (v.a. Escherichia coli). Der Dickdarm hat keine Darmzotten. Er wird eingeteilt in die folgenden Abschnitte:
Blinddarm mit Wurmfortsatz (Appendix): Der Wurmfortsatz ist ein lymphatisches Organ („Dickdarmmandel“). Es dient der Abwehr von Erkrankungen (Infektionsabwehr) und kann verhältnismässig leicht bakteriell infiziert werden (Blinddarmentzündung!).
Grimmdarm (Colon)
Der Grimmdarm wird in folgende Abschnitte eingeteilt:
a) Aufsteigender Dickdarm: Ist mit der Rückwand der Leibeshöhle verwachsen;
b) Querkolon;
c) absteigender Dickdarm: liegt weit hinten links und ist mit der Rückwand der Leibeshöhle verwachsen;
d) Sigmaschleife: bildet eine S-förmige Schleife.

Mastdarm (Rectum) und Analkanal
15 – 20 cm langes Endstück des Dickdarms, beherbergt die Ampulle, den eigentlichen Kotbehälter, der dann in den Analkanal mündet. Ausscheidung des Unbrauchbaren.

Wie gelangen die Bestandteile der Nahrung ins Blut?

Der Weg vom Darmlumen durch die Zellen ins Blut

Die grossen Verdauungsdrüsen

Die Bauchspeicheldrüse (Das Pankreas)

Die Bauchspeicheldrüse bildet Verdauungsenzyme für Eiweisse, Fette und Stärke (0.5-1.5 Liter Pankreassaft im Tag). Der Pankreassaft reagiert alkalisch (Natriumhydrogenkarbonat) und neutralisiert so den stark sauren Magensaft.
Das Pankreas ist zugleich eine Hormondrüse, die Insulin und Glucagon in die Blutgefässe abgibt und so den Blutzuckerspiegel reguliert. Glucagon fördert den Stärkeabbau zu Zucker in der Leber. Insulin fördert die Aufnahme von Zucker in die Zellen.