Der Blutkreislauf

Geschichte

384-322 vC Aristoteles

Für ihn war das Herz das Zentralorgan, der eigentliche Sitz der Seele, der dem Blute die Seelenwärme gibt

129-210 nC Galen

Er lehrte, Blut ströme in beiden Richtungen. Venöses Blut werde in Magen, Darm und Leber neu gebildet, das arterielle Blut versickere in den Organen und löse sich dort auf. Er vermutete, die Herzscheide-wand habe Poren, so dass eine direkte Verbindung gebildet wird zwischen rechtem und linkem Herzen.

1210-1231 al-Nafis (ein arabischer Arzt und Wissenschaftler):

Er entdeckte den kleinen Kreislauf

1603 Girolamo Fabricio

Exakte Beschreibung der Venenklappen.

1628 William Harvey

Harvey war ein Anhänger des Aristoteles und wollte die Lehrmeinung des Galen widerlegen.Seine Untersuchungen über die Bewegung des Herzens und des Blutes führte er an einer Vielzahl von verschiedenen Tieren durch. Er entdeckte den Zusammenhang zwischen Herzschlag und Puls und mass erstmals die vom Herzen in den Kreislauf geworfene Blutmenge. Aus der einfachen Berechnung, dass pro Stunde mehr Blut durch das Herz fliesst als der Körper insgesamt enthält, widerlegte er deduktiv die bisherige Lehrmeinung, das Blut werde ständig neu gebildet. Obwohl im die mikroskopischen Geräte noch nicht zur Verfügung standen und er somit den Kapillarbereich nicht gesehen hat, erkannte er die Kreislaufnatur des Blutweges.

1661 Malpighi

Es war dann Marcello Malpighi, ein Anatom in Bologna, der vier Jahre nach Harveys Tod den Nachweis für die kapillare Kontinuität des Kreislaufs erbrachte. In zwei Briefen stellte er seine mikroskopischen Untersuchungen über die Lunge vor (De pulmonibus. Observationes Anatomicae, 1661). Er war der erste, der die Lungenbläschen, die feinen Verzweigungen der Bronchien, das Kapillarnetz zwischen Venen und Arterien im Mikroskop gesehen hat. Erst dadurch war die Theorie des geschlossenen Blutkreislaufs von William Harvey (1628) bestätigt.

Einführung

Der Blutkreislauf ist vor allem charakterisiert durch Rhythmik. Das Wort Rhythmus leitet sich ab vom griechischen Wort rheo, was fliessen bedeutet. Rhythmus ist also mit dem Fliessen und dem Flüssigen verwandt.

Das Schlagen des Herzens, etwa 72mal pro Minute, rund 4mal pro Atemzug. Vergleich mit Hexameter, der auf eine Zeile (Atemzug) drei Schläge aufweist und einen Pausenschlag.
Das Herz liegt im Brustkorb, direkt oberhalb des Zwerchfells. Der Brustkorb ist selbst ein Abbild dieses Rhythmus. Metamere Abfolge von Rippen vorne, metamere Abfolge von Wirbeln hinten.
Im Herzen findet Konzentration statt, in den Kapillaren liegt die grösstmögliche Ausbreitung und Verästelung statt. Dies schafft gleichzeitig auch Oberflächen, die zu jeden Austauschvorgängen notwendig sind.

Die Herztätigkeit und der Kreislauf reagiert auf Regungen der Seele mit verändertem Puls, mit Ausbreiten des Blutes bis an die Peripherie (Erröten) oder Zusammenziehen in die Konzentration (Erbleichen).

Zum Blutfluss durch den Blutkreislauf

Das Herz ist in ständiger Aktivität. Es schlägt und dabei strömt Blut durch die Herzkammern. Der Herzrhythmus pflanzt sich durch den ganzen Körper bis zur Peripherie fort. Dort verebbt er und wird ruhiger. Das Blut strömt nun gemächlich langsam (0.3mm/s) durch die feinsten Blutgefässe (Kapillarnetze). Vom Herzrhythmus ist nichts mehr zu spüren. Trotzdem pulsiert das Blut ganz fein. Dieser Rhythmus in den Kapillarnetzen ist jedoch unabhängig vom Herzrhythmus.

Während des langsamen Blutflusses findet ein reger Stoffaustausch statt:
Sauerstoff (O2) strömt aus dem Blut in die aktiven Körpergewebe (Gehirn, Muskulatur, Drüsen etc), Kohlendioxid (CO2) strömt aus den Geweben ins Blut.

Die Körpergewebe werden durch Nährstoffe (Zucker, Salze, Fette, Aminosäuren, Vitamine etc.) versorgt und geben Abbauprodukte (z.B. Harnstoff, Harnsäure) an das Blut ab. Nach den Körperkapillarnetzen wird Blutfarbe dunkler.

Die Kapillaren münden in Venulen, diese in Venen. Obgleich die Blutgefässe nun wieder weiträumig sind, setzt das gemächliche Fliessen fort, bis es kurz vor dem Herzen erneut zu einer Rhythmisierung des Blutstromes kommt.

Abbildung Das Kreislaufsystem (vereinfacht, ev. doppelseitig, mit Legende)

1. linker Vorhof
2. linke Herzkammer
3. rechter Vorhof
4. rechte Herzkammer
7. Aorta
8. Kopfarterie
9. Kapillarnetze des Kopfes
10. Leberarterie
11. Kapillarnetz der Leber
12. Darmarterie
13. Kapillarnetz des Darmes
14. Kapillarnetz der Nieren, Beine etc.
15. Pfortader
16. Körperhohlvene
17. Kopfvene
18. Lungenarterie
19. Kapillarnetze der Lungen
20. Lungenvenen
21. Lymphkapillaren
22. Lymphknoten, Bildungsort der Lymphozyten
23. Milchbrustgang
24. Einmündung ins Venensystem

rot: arterielles, sauerstoffreiches Blut
blau: venöses, kohlendioxidreiches Blut

Arterien, Venen und Kapillarnetze

Kreisläufe, wie wir ihn beim Menschen finden, nennt man geschlossene Kreisläufe. Das rote Blut verlässt nie die Blutgefässe, es sei denn, wir verletzen uns. In den Arterien fliesst es pulsierend und stossweise in den Körper, durch die Venen strömt es ruhig zum Herzen zurück.

Arterien (Schlagadern)

Arterien sind vom Herzen wegführende Blutgefässe, mit muskulösen Wänden. Sie übernehmen die Pulswellen des Herzens. In ihnen fliesst das Blut stossweise, es herrscht ein hoher Blutdruck.

Venen (Blutadern)

Venen sind Blutgefässe, die das Blut zum Herzen zurückführen. Sie sind dünnwandig gebaut, die Wände haben wenig Muskulatur. Das Blut fliesst gleichmässig und unter geringem Blutdruck. Venen sind mit Venenklappen ausgerüstet. Sie verhindern das Rückströmen des Blutes.

Die Übergänge zwischen Arterien und Venen nennt man Kapillarnetze. Die Arterien verzweigen sich in den Organen und in der Haut in feine Arteriolen und weiter in Kapillargefässe. Diese Gefässe sind so fein, dass die roten Blutkörperchen gerade noch hindurchschlüpfen können. Für die weissen Blutzellen und die flüssigen Bestandteile des Blutes sind die Kapillarnetze jedoch offene Regionen: Hier vermögen sie bei Bedarf die Blutgefässe zu verlassen oder aus den Geweben in die Blutgefässe einzuströmen. Für die Roten Blutkörperchen ist unser Kreislauf ein geschlossener, für Plasma und die weissen Blutzellen ist er in den Kapillarnetzen jedoch ein offener.

Arterielles und venöses Blut

In der Lunge wird das Blut durch die Aussenluft aufgefrischt. Kohlendioxid (CO2) aus dem Körper wird in die Lungenbläschen abgegeben und Sauerstoff (O2) aus der eingeatmeten Luft wird aufgenommen.

Arterielles Blut ist sauerstoffreich und kohlendioxidarm. Seine Farbe ist hellrot. Wir zeichnen es rot. Arterielles Blut finden wir im Kreislauf nach der Lungenpassage.
Venöses Blut ist kohlendioxidreich und sauerstoffarm. Seine Farbe ist dunkelrot. Wir zeichnen es blau. Venöses Blut finden wir im Kreislauf vor der Lungenpassage.

Vorsicht mit den Begriffen „arteriell und venös“

Im Körperkreislauf fliesst das arterielle Blut in den Arterien, das venöse in den Venen. Vorsicht aber beim Lungenkreislauf! Da ist es gerade umgekehrt: Durch die Lungenarterie fliesst venöses Blut, durch die Lungenvene arterielles!

Abbildung Kapillarnetz mit Anastomose
Arterie
Arteriolen
Kapillaren
Venulen
Venen
Anastomose

Kapillarnetze

Kapillarnetze sind Netze feinster Haargefässe (=Kapillaren, Durchmesser zwischen 3µm und 15 µm, Gesamtlänge aller Kapillaren des Körpers ca. 1’200 km). Sie bilden gesamthaft eine riesige Oberfläche (ca. 1’000m2), in welcher sich die Organe dem sehr langsam fliessenden Blut und das Blut sich den Organen darbietet. Hier erfolgt die Abgabe von Sauerstoff (O2) und Nährstoffen (Zucker, Fette, Aminosäuren) und die Rücknahme des Kohlendioxids (CO2) und von Ausscheidungsstoffen. Hier teilen sich die Organwirkungen dem Blut mit.

Kapillaren haben die Fähigkeit, ihren Durchmesser zu verändern (z.B. Verengung bei Kälte, Erweiterung bei Wärme) und regulieren so die Durchblutungsintensität. Kapillaren können durch Sprossung zeitlebens neu gebildet werden.

Der Körper- und der Lungenkreislauf

Die Bahnen der Arterien und Venen bilden in unserem Körper zwei Kreisläufe: Den grossen Kreislauf oder Körperkreislauf und den kleinen Kreislauf oder Lungenkreislauf.
Der Körperkreislauf beginnt im linken Herzen, führt über die Aorta in Kopf, Arme, Rumpf und Beine. Nach der Passage durch die Kapillarnetze des Körpers führt er das Blut in Venen zurück zum rechten Herzen.

Der Lungenkreislauf beginnt im rechten Herzen, führt über die Lungenschlagader in das Kapillarnetz der Lungen und wird von den Lungenvenen ins linke Herz zurückgeführt.
Das Herz bildet den Knotenpunkt von Körper- und Lungenkreislauf.

Abbildung Körper- und Lungenkreislauf
1. linkes Herz
2. Aorta
3. Körperkapillarnetze
4. Hohlvene
5. Lungenarterie
6. Lungenkapillarnetze
7. Lungenvene
8. rechtes Herz

Zur Bedeutung des venösen Blutes

Manchmal kommt die irrige Meinung auf, dass nur das arterielle Blut das nützliche sei, das venöse Blut dagegen das verbrauchte, weniger brauchbare, mit Abfallstoffen beladene. Dieses Bild muss revidiert werden!

In der Lunge geben wir zwar Kohlendioxid ab, glücklicherweise aber nur den überschüssigen Teil, wir könnten ohne dieses Kohlendioxid im Blut gar nicht leben. Arterielles Blut enthält also noch recht viel Kohlendioxid. Was ist denn nun die Aufgabe des Kohlendioxids in unserem Körper?

Kohlendioxid kann im Blut mit dem Wasser ein Puffersystem bilden (Bicarbonatpuffer), mittels dessen wir das Blut gegen die Einflüsse von Säure und Base stabil halten. Wenn in der Magenschleimhaut Salzsäure gebildet wird, bleiben OH-Ionen zurück, die Bauchspeicheldrüse entwickelt bei der Bildung des basischen Verdauungssaftes H-Ionen. Ohne Bicarbonatpuffer wäre das Blut einem ständigen pH-Wechsel unterworfen.

Das venöse Blut ist das ursprüngliche in unserem Körper. Die frühe Embryonal-entwicklung spielt sich in sauerstoffarmem Milieu ab. Erst mit der Bildung der Plazenta beginnt eine gewisse Arterialisierung des fetalen Blutes. Vollarterielles Blut wird vor der Geburt vermieden: Das arterielle Blut der Nabelvene mischt sich mit dem venösen Blut der unteren Hohlvene. Der ganze fetale Kreislauf besteht also aus Mischblut oder venösem, kohlendioxidreichen Blut.

Ein Blick ins Tierreich kann uns weiterhelfen: Bei den Wiederkäuern, welche ja meistens grosse, massige Leiber ausbilden, zerstört das embryonale Gewebe die mütterliche Schleimhaut nicht oder nur sehr gering. Der Sauerstofftransport muss sich über eine Fülle von Zwischenschichten vollziehen. Geburten von Kälbern verlaufen deshalb auch nie blutig. Nagetiere hingegen durchstossen die mütterlichen Gewebeschichten sehr früh und gelangen so rasch an den mütterlichen Sauerstoff. Es ist immerhin interessant, dass kein Nagetier die Masse eines Rindes, geschweige denn eines Flusspferdes erreicht.

Im menschlichen Kreislauf sind nur etwa 25% des Blutes arteriell. Der vorherrschende Anteil des Blutes ist venös. Bei Wirbellosen findet man Hämoglobin nur in den Tieren, die unter extrem sauerstoffarmen Bedingungen leben, wie z.B. die Zuckmückenlarve Chironomus gregarius.

Die Pfortader

In den Kapillarnetzen des Darmes nimmt das Blut die verdaute Nahrung auf. Die Pfortader führt das nährstoffreiche, venöse Blut zuerst in ein weiteres Kapillarnetz, bevor es dem Herzen zugeleitet wird: in das Kapillarbett der Leber. Ein solches Kapillarnetz, das nur von venösem Blut durchströmt wird, nennt man auch ein Wundernetz. Die zuführende Vene (mit venösem Blut) wird als Pfortader bezeichnet.

Anastomosen

Arteriovenöse Anastomosen: Anastomosen sind Kurzschlussverbindungen zwischen Arterien und Venen, mittels denen ein Kapillarnetz von der Zirkulation ausgeschaltet werden kann. Vögel haben solche Einrichtungen an den Füssen (insbesondere in Schwimmhäuten) zum Einsparen von Körperwärme, ebenfalls Fledermäuse in den Flughäuten. Aber nur beim Menschen finden sie sich auf der ganzen Körperober¬fläche. Bezüglich der Körpertemperatur kennt der Mensch einen Tag- und einen Nachtzustand: in der Nacht sind die Anastomosen geschlossen, der ganze Körper wird warm, Stoffwechselprozesse dominieren, am Tag haben die Extremitäten eine Temperatur unter 36°C, in Rumpf und Kopf verbleibt ein Wärmekern.

Tabelle: Durchblutung der verschiedenen Organe

Organ Durchblutung Kreislauf
Lunge  100% Lungenkreislauf
Herz  5% Körperkreislauf
Gehirn  15%
Muskeln  15%
Eingeweide 35%
Nieren  20%
Haut, Skelett 10%

Versuche oben stehende Tabelle zu erklären!

Krankheiten des Kreislaufsystems

Kollaps: Versagen des Kreislaufs bei mangelnder Füllung der Gefässe oder Versagen der Herzmuskulatur.

Herzklappenfehler: Eingeschränkte Beweglichkeit der Herzklappen infolge ständiger Überbelastung oder Stoffwechselstörung.

Angina pectoris: Verengung der Herzkranzgefässe, führt zu Schmerzen in der Herzgegend.

Herzinfarkt: Lähmung bestimmter Herzregionen durch Verschluss von Herzkranzarterien und Zusammenbruch des Kreislaufs.

hoher Blutdruck: Altersabhängig, z.T. ohne erkannte Ursachen, psychogen (durch die Seele bedingt), Starrwerden der Gefässwände, Störung der Nierenfunktion

Krampfadern: Krankhafte Erweiterung von Venen, vor allem in den Beinen, durch ungenügende Rückhaltewirkung der Venenklappen.