Einleitung
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg konnte eine bakterielle Infektion tödlich verlaufen, da man keine wirksamen Medikamente (Antibiotika) gegen Bakterien im Körper besass. Entweder konnte die körpereigene Abwehr die Infektion besiegen, oder sie bedeutete das Todesurteil.
Alexander Fleming hat zwar bereits 1929 eine Beobachtung veröffentlicht, die er rein zufällig gemacht hatte, nämlich dass der Pilz Penicillium notatum Bakterienkulturen (Staphylokokken) auf Agar-Platten zerstören konnte. Leider war ihm jedoch die Bedeutung seiner Entdeckung nicht wirklich bewusst.
In seinem Buch: Der Pilz, der John F. Kennedy zum Präsidenten machte erzählt Bernhard Dixon in einem kleinen Porträt zu Penicillium notatum, wie das Penicillin erstmals 1941 am Polizisten Albert Alexander erfolgreich getestet worden war. Auch wenn hier die Wirksamkeit von Penicillin gezeigt werden konnte, verlief die Geschichte nicht glücklich: Alexander starb, da Charles Fletcher nicht genügend Penicillin hatte, um die Behandlung erfolgreich abzuschliessen.
Bakterien als Krankheitserreger
Bakterien sind Alleskönner und mächtig! Ihre nützliche Wirkung in der Natur ist überwältigend. Trotzdem und gerade deswegen können sie dem Menschen grosse Probleme bescheren.
Bakterien können über Atmung oder Nahrung, aufgenommen werden. Beim Menschen ist besonders häufig die Schleimhaut des Atemtrakts und des Verdauungstrakts betroffen.
Das am häufigsten durch Bakterien befallene Organ ist die Haut selbst, da sie die Grenze zur Umwelt bildet.
Bakterien können die folgenden Krankheiten verursachen:
- Wundinfektionen
- Lungenentzündung
- Stirn- und Nebenhöhlenentzündung
- Mittelohrentzündung
- Scharlach
- bakterieller Gelenksentzündung
- Harnwegsinfekte
- Hirnhautentzündung
- Durchfall
- Diphtherie
Wird eine bakterielle Infektion bedrohlich, muss Antibiotika eingesetzt werden.
Die Entdeckung des Penicillins
siehe in der Biografie von Alexander Fleming.
Gewinnung von Penicillin
Penicillin wird auch heute noch aus dem Pinselschimmel (Penicillium chrysogenum) gewonnen. Dabei werden aber Zusatzstoffe verwendet, die man den Pilzkulturen verabreicht und die dann eingebaut werden.
Wirkung von Penicillin
Penicillin wird im Körper des Patienten von wachsenden Bakterien aufgenommen und in die Zellwand eingebaut. Die Bakterien erkennen es als Zellwandbaustein. Diese Bausteine sind jedoch wenig stabil und lassen die Bakterien platzen (siehe folgendes Bild).
Andere Antibiotika und ihre Wirkungsweise
Seit der Entdeckung von Penicillin wurden Duzende von Antibiotika entwickelt. Von der Wirkung auf Bakterien können zwei grundsätzliche Typen unterschieden werden:
• bakteriostatisch (Bakterien werden an der Vermehrung gehindert, aber nicht abgetötet)
• bakterizid (Bakterien werden abgetötet, etwa durch Bakteriolyse, also Auflösung ihrer Zellwand)
Die speziellen Wirkungsweisen von Antibiotik sind in der folgenden Abbildung veranschaulicht:
Störung der
- Zellwand (Murein): Bacitracin, β – Lactam, Fosfomycin und Glycopeptide erreichen, dass die Zellwand geschädigt wird.
- Zellmembran: Colistin und Polymyxin
- Folsäuresynthese: Sulfonamide
- Folsäuresynthese: Trimethoprim
- DNA-Struktur und -Funktion: Chinolone, Nitrofurane, Nitrimidazole
- RNA-Transkription: Rifampicin
- Proteinsynthese (Translation): Aminoglycoside, Lincosamide, Makrolide, Oxazolidinole, Tetrazycline
Wo werden Antibiotika eingesetzt?
Humanmedizin
Antibiotika wirken nur auf bakterielle Infektionen. Bei viralen Infektionen helfen sie nichts. Trotzdem verabreichen Ärzte zu häufig Antibiotika prophylaktisch, um eine nachfolgende bakterielle Infektion zu verhindern.
Landwirtschaft
Der prophylaktische Einsatz von antibiotischen Wirkstoffen ist sehr verbreitet in der Landwirtschaft. Je grösser ein Mast- oder Zuchtbetrieb, desto grösser ist die Gefahr, dass eine Infektion auftritt und dann der ganze Bestand vernichtet werden muss. Insofern ist der Griff nach antibiotischen Mitteln sehr häufig geworden.
Fisch- und Shrimpszucht
Der Badarf nach Fisch ist wegen der wachsenden Weltbevölkerung und dem Rückgang der natürlichen Fischbestände stark gestiegen. Aquakulturen versuchen, auf engstem Raum eine grosse Menge Fisch zu züchten. Fast 90% der Aquakulturen befinden sich in Asien. Tiere (Zuchtlachs, Tilapia, Zuchtforellen u.a.) aus vielen etablierten Zuchtbetrieben enthalten Antibiotikarückstände. Sogar Garnelen aus der freien Wildbahn waren verseucht.
Hühner- und Putenzucht
Bei der Geflügelzucht ist die Massenhaltung besonders verbreitet. Das bedeutet, dass ein einzelnes infiziertes Tier einen ganzen Grossbestand vernichten kann.
Schweinemast
Auch in der Schweinezucht ist die Infektionsgefahr gegeben durch Massenbetriebe. Auch hier verwenden die Bauern häufig unnötig antibiotische Medikamente.
Rinderzucht
Auch bei Rindern wird Antibiotika verwendet. In Deutschland schätzt man, dass rund 80% der Milchkühe Antibiotika bekommen. Dies vor allem einige Wochen vor der Kälbergeburt, um Euterentzündungen zu verhindern, also prophylaktisch (vorsorglich).
Obstbau
Der Obstbau (Apfel, Birne, Quitten) ist konfrontiert mit Feuerbrand, einer gefährlichen Krankheit, die von einem gramnegativen Bakterium (Erwinia amylovora) aus geht. Zur Vorbeugung spritzen Bauern in manchen EU-Ländern grossflächig das Antibiotikum Streptomycin. Dies reduziert den Feuerbrand um rund 80 %.
Antibiotika-Resistenz bei Bakterien
Bakterien sind sehr „lernfähig“. Wenn sie nach Verwendung von Antibiotika überleben, lernen sie den antibiotischen Wirkstoff kennen und schaffen es nach einer gewissen Zeit, wie sie ihn unschädlich machen können, bevor er sie zerstört. Bakterien nehmen DNS-Stücke von anderen Bakterien auf, die ihnen ein Überleben bei Antibiotikaeinsatz ermöglicht. Dies nennt man Resistenz.
Unsachgemässe oder übermässige Abgabe von antibiotischen Medikamenten bei Menschen, Tieren und Pflanzen, vor allem auch deren prophylaktische Verwendung führt dazu, dass immer mehr Antibiotika unwirksam werden. Zudem können resistente Bakterienstämme aus der Tiermast Menschen befallen. Landwirte, die intensive Tiermast betreiben (Geflügel, Schweine, Rinder, Fische) werden zu potentiellen Überträgern von multiresistenten Keimen und damit – im Spital – zu Risikopatienten
Gefährliche, resistente Keime
MRSA
Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Dies ist eine resistente Bakterienart, die sich gleichzeitig mit der Verbreitung von Antibiotika seit den 1960er Jahren vermehrt. Sie ist gegen alle sogenannten Beta-Lactam-Antibiotika resistent, das heisst gegen Antibiotika, die in ihrer Struktur auf Penicillin zurückgehen. In der Regel sind MRSA-Bakterien auch gegen weitere Antibiotika resistent, also multiresistent. Daher verwenden einige die Abkürzung MRSA auch für Multiresistenter Staphylococcus aureus.
ESBL
Extended-Spectrum-Beta-Lactamasen sind Enzyme, die Beta-Lactam-haltige Antibiotika spalten können. Sogenannte ESBL-bildende Bakterien sind gegen diese Antibiotika somit resistent. Wie auch andere antibiotikaresistente Bakterien sollten sie möglichst breit mit Carbapenemen behandelt werden.
CARBAPENEME
gehören zu der Gruppe der Beta-Lactam-Antibiotika. Da ihre Grundstruktur eine hohe Widerstandskraft gegen die zerstörerischen Enzyme der Bakterien aufweist, werden sie als Reserveantibiotika genutzt, dann, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr wirken. Wegen starker Nebeneffekte werden sie ausschliesslich bei schwer beherrschbaren Infektionen eingesetzt.
VRE
Vancomycin-resistente Enterokokken. Es sind mit Streptokokken verwandte Bakterien, die gegen das Reserveantibiotikum Vancomycin und weitere Antibiotika resistent sind. Daher sind die Therapiemöglichkeiten bei VRE eingeschränkt. (Quelle: zeit.de)
Die resistenten Keime sind eine ernst zu nehmende Gefahr für uns Menschen, aber auch für die Landwirtschaft. Seit einiger Zeit ist es selten geworden, dass neue Antibiotika entdeckt werden. Wenn also Bakterien mehr und mehr Resistenzen gegen alle bekannten Antibiotika entwickeln, dann wird es unmöglich, Entzündungen und andere bakterielle Krankheiten zu heilen. Wir wären dann wieder am Punkt vor der Entdeckung des Penizillins, wo häufig Menschen an bakteriellen Infektionen gestorben sind.